Maierbrugger M. & H. Meixner / 1973 |
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BÖHMISCHE
GRANATEN AUS RADENTHEIN. Von Matthias MAIERBRUGGER, Döbriach/Millstättersee Einführung von H. MEIXNER: Ganz kurz nannte A. BRUNLECHNER (Die Minerale Kärntens, Klagenfurt 1884, 5.48) das Vorkommen von schön ausgebildeten Granatkristallen aus Gneis der Millstätter Alpe bei Radenthein. Von dortigem Granatbergbau im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts ist im Fachschrifttum nichts festgehalten worden. Deshalb freuten mich einst zwei Zeitungsaufsätze von M. MAIERBRUGGER in der Klagenfurter Tageszeitung "Die Neue Zeit" in den Jahren 1953 und 1963, die hier mit Erlaubnis von Hauptschuldirektor OSR. MAIERBRUGGER und der "Kärntner Tageszeitung" (vormals "Die Neue Zeit", Klagenfurt) abgedruckt werden dürfen, wofür bestens gedankt sei. Von großer Bedeutung für die Kenntnis unseres Granats und seines Muttergesteines Radentheinit ist die neue Veröffentlichung von F.ANGEL und F.LASKOVIC "über einige Gesteine und deren Kornsorten aus der Umgebung der Radentheiner Magnesitlagerstätte auf der Millstätter Alpe" (Radex-Rundschau, 1968, 5.3-18). Der Granat aus dem alten Bergbaugebiet im Lucknergraben ist ein Mischgranat aus etwa 70 Formeleinheits-% Almandin und 30% Pyrop. Gartenarchitekt F. MÜLLER (Klagenfurt, Botan.Garten) verdanke ich den Hinweis und die Zusendung der mit vielen ansprechenden Abbildungen und einschlägigen Dokumenten ausgestatteten Veröffentlichung von Dir. Helmut PRASCH (Museum Spittal/Drau) "Blutstropfen der Nocke, Karfunkel, Granate, Bäuerlicher Bergbau auf der Millstätter Alpe und der Almandinschmuck" Spittal/Drau, 1972, 32 x 21cm, 80 Seiten) auf die hier im Zusammenhang mit den folgenden Aufsätzen ausdrücklich aufmerksam gemacht sei. BÖHMISCHE GRANATEN AUS RADENTHEIN (Wiederabdruck aus: "Die Neue Zeit", Nr.288, Klagenfurt 13.12.53,S. 9) Das kann wohl nicht stimmen, höre ich einige behaupten. Das kann " höchstens ein Aufsitzer oder die Laune einer Phantasie sein. Nein. Böhmische Granaten aus Radenthein gab es wirklich einmal. Noch ehe auf dem Gelände des 1855 verstummten Hammerwerkes in Radenthein unser Magnesitwerk entstand, gab die Millstätter Alpe aus ihrem Schoß kostbare Granate frei. Noch gegenwärtig findet man im Bereich der Millstätter Alpe diese verlockenden roten Kleinode. Lustige Bächlein schwemmen sie aus dem Erdreich, auflegen und Pfaden treten sie wieder ans Tageslicht und der harte Tritt weidender Rinder löst sie aus der Verborgenheit. Niemand beachtet sie mehr. Höchstens die Berglerkinder füllen damit ihre Hosentaschen und sind stolz auf diese rötlichen Kugerln. Anders war dies im letzten Viertel des vorigen -Jahrhunderts. Damals suchten auch die Erwachsenen nach Granaten, und in den Jahren 1880 bis 1909 wurden diese Schätze erwerbsmäßig abgebaut und verwertet. Wohl geschah dies auf etwas kuriose Art, doch einige Menschen fanden dabei Arbeit und Brot. Einzelne davon leben noch und wissen davon zu berichten. Hoch über Radenthein, dort wo die Millstätter Alpe eine tiefe Falte im Rücken zeigt, die den Einheimischen als der berüchtigte Lucknergraben bekannt ist, und über den sich jetzt die Seilbahn spannt, befand sich unweit des Bergbauernhofes Frießnig das Granatbergwerk. Noch findet man seine Spuren, doch sind sie spärlich, da das ganze Bergwerk nur aus einem 20 Meter tiefen Schacht bestand, von dem kurze Gänge abzweigten. Alle Arbeit im Granatbergwerk lief auf Handbetrieb, und kleine Ölfunzeln hingen im Dunkel des Berges. Zwei Leute schafften im Schoß der Erde. während der eine Mann die Brocken von den Flanken löste, lud der andere sie auf eine Scheibtruhe und schob das Erz zum Schacht, wo er es in Kübel füllte, die mit einer Handwinde nach oben befördert wurden. In der knapp darunter erbauten Schwemmhütte wurden die Granatklumpen abgeladen und in einem Trog mit einem siebartigen Gerät durch das Wasser gerührt. Dadurch zerfielen die Klumpen und die kleineren Stücke rutschten durch das Sieb in einen "Uasch" (Rinne) , durch den das Wasser sie in die im Lucknergraben befindlichen Stampf beförderte. In der Stampf war eine Glocke an der Wasserrinne angebracht. Solange das Material durch die Rinne kam, läutete auch die Glocke immerfort. Verstummte die Glocke aber, so eilte einer am Uasch hinauf, um eine entstandene Verstopfung zu beseitigen. In der Stampf wurden die Brocken mit dem Schießer -vierkantige, mit Eisen beschlagene Klötze noch weiter zerschlagen, und das kleine, taube Material fiel durch ein Sieb, während die Granate, frei von allem Schmutz, _auf dem Gitter liegen blieben. Nun wurden die richtigen "Edelsteine" von den wertlosen Stücken geschieden, was durch viele Jahre hindurch Frau Maria Kofler von Kaning besorgte, die bereits über 80 Jahre zählt und sich noch gern an jene Zeit zurückerinnert, in der sie für eine „Klauberschicht" 60 Kreuzer verdiente. Diese Arbeit war anstrengend und abends brummte ihr stets der Kopf, denn sie mußte den ganzen Tag über in einem dunklen Raum arbeiten. Eine Petroleumlampe mit Pappschirm, in dem sich einige kleine Löcher befanden, brannte vor ihr auf dem Tisch. Nun hielt Frau Kofler Granate um Granate gegen das Loch in der Pappe, und nur die durchscheinenden Stücke, die ein dunkles Rot oder helles Rosa zeigten, wurden weiter verwendet. Die tauben Granate aber landeten im Lucknergraben. Die edlen Granate wanderten in die Schleiferei, in drei Holzkübel die das Wasser um die eigene Achse drehte -so ähnlich wie ein Butterfaß -und in denen sich die Granate gegenseitig auf Hochglanz brachten und nach 12 bis 24 ständiger Rotierung die gewünschte Rundung aufwiesen. Die Granate wurden in Kisten zu je 100 Kilogramm verpackt, die Kisten mit Eisenbändern umzüngelt und in Pferdekarren über den Zödl nach Radenthein gebracht. Von hier kamen die Radentheiner Granate vorerst mit der Bahn nach Spittal an der Drau und mußten von dort durch das Pustertal und über den Brennerpaß nach Tirol reisen. In Zell am Ziller wurden die Granate ausgeladen, denn dort waren Josef und Franz Hofer, die Eigentümer dieses Granatbergwerkes, beheimatet. Diese überprüften nochmals ihre kostbaren Edelsteine, freuten sich über die Schätze aus Radenthein und brachten sie wieder zur Bahn, die sie nach Böhmen beförderte. Es war wahrlich ein weiter Weg, bis die Edelsteine vom Lucknergraben bis in die Städte am Fuße der Sudeten kamen, wo man sie als begehrte "böhmische Schmuckgranate" in den Handel brachte. Diese "billigen Edelsteine", wie man sie damals bezeichnete, schmückten viele zarte Frauenhände und hingen auf mancher rosigen Frauenbrust. Wohl wußten auch einzelne Käufer um den Ursprung dieser Edelsteine, und im Sommer wanderte so mancher Besucher zum Granatbergwerk im Lucknergraben hinauf. Ein paarmal hat ein Professor aus Wien oder Graz der Frau Kofler beim Ausklauben" der Granate auf die Finger geguckt und ihr für ein leuchtendes rotes Stück zwei oder auch mehr Gulden geschenkt. Als der Magnesitabbau auf der Millstätter Alpe einsetzte, verstummte die Granatglocke im Lucknergraben. Die Gebrüder Hofer in Zell am Ziller erklärten die weitere Ausbeute als zu gering, und so verfiel ein kleines Werk, von dem nur noch wenige Menschen und Reste zeugen. Vor 40 Jahren befaßte sich das Magnesitwerk mit dem Plan, den Abbau der Granate neu aufzunehmen, um billigen Schmirgel zu gewinnen. Man lies aber den Plan wieder fallen, weil der Schoß der Millstätter Alpe nicht mehr den gewünschten Vorrat von Granaten birgt. Ein neuer Schatz, der Magnesit, hat seither von hier aus durch seine Erzeugnisse den Weltmarkt erobert und den Namen Radenthein in allen Kontinenten der Erde berühmt gemacht. Matthias MAIERBRUGGER BÖHMISCHE GRANATEN AUS RADENTHEIN (Wiederabdruck aus: "Die Neue Zeit", 18, Nr.56, Klagenfurt 7.3.63, S.8) Ehe man in Radenthein den kostbaren Magnesit verarbeitete und zur gleichen Zeit, als auf jenem Gelände, auf dem gegenwärtig in Radenthein über den Rotieröfen und über der Steinfabrik Tag und Nacht die Schlote qualmen, noch ein Floßofen wertvolles Roh-. und Schmiedeeisen erzeugte, gab der Berg im Norden des Marktes auch interessante Edelsteine frei, die von hier aus den Weg in die weite Welt fanden. Ja, böhmische Granate aus Radenthein gab es wirklich einmal. Noch gegenwärtig findet man im Bereich der Millstätter Alpe diese verlockenden rötlichen Kleinode. Lustige Bächlein schwemmen sie aus dem Erdreich, auf Wegen und Pfaden treten sie ans Tageslicht, und der harte Tritt weidender Rinder löst sie aus der Verborgenheit. Niemand beachtet sie mehr. Höchstens die Berglerkinder füllen damit ihre Hosentaschen und sind stolz auf ihre Kugerln. Anders war dies im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts. Damals suchten auch die Erwachsenen nach Granaten und in den Jahren 1880 bis 1909 wurden diese Schätze erwerbsmäßig abgebaut und verwertet. Wohl geschah dies auf etwas kuriose Art, doch einige Menschen fanden dabei Arbeit und Brot. Einzelne davon leben noch und wissen davon zu berichten. Hoch über Radenthein, dort, wo die Millstätter Alpe eine tiefe Falte im Rücken zeigt, die uns als der berüchtigte Lucknergraben bekannt ist und über den sich jetzt die Seilbahn spannt, befand sich unweit des Bergbauernhofes Frießnig das Granatbergwerk. Noch findet man seine Spuren, doch sind sie spärlich, da das ganze Bergwerk nur aus einem 20 Meter tiefen Schacht bestand, von dem kurze Gänge abzweigten. Alle Arbeit im Granatbergwerk lief auf Handbetrieb und kleine älfunzeln hingen im Dunkel des Berges. Zwei Leute schafften im Schoß der Erde. Während der eine Mann die Brocken von den Flanken löste, lud sie der andere auf eine Schreibtruhe und schob das Erz zum Schacht, wo er es in Kübel füllte, die mit einer Handwinde nach oben befördert wurden. In der knapp darunter erbauten Schwemmhütte wurden die Granatklumpen abgeladen und in einem Trog mit einem siebartigem Gerät durch das Wasser gerührt. Dadurch zerfielen die Klumpen und die kleineren Stücke rutschten durch das Sieb in einen "Uasch" ( =Rinne) , durch den sie das Wasser in die im Lucknergraben befindliche Stampf beförderte. In der Stampf war eine Glocke an der Wasserrinne angebracht. Solange das Material durch die Rinne kam, läutete auch die Glocke immerfort. Verstummte die Glocke, so eilte einer am Uasch hinauf, um eine entstandene Verstopfung zu beseitigen. In der Stampf wurden die Brocken mit dem "Schießer" -vierkantige, mit Eisen beschlagene Klötze -noch weiter zerschlagen, und das kleine taube Material fiel durch ein Sieb, während die Granate, frei von allem Schmutz, auf dem Gitter blieben. Nun wurden die richtigen "Edelsteine" von den wertlosen Stücken geschieden, was durch viele Jahre hindurch Frau Maria Kofler von Kaning besorgte, die vor einigen Jahren das Zeitliche segnete. Sie verdiente für eine "Klauberschicht" 60 Kreuzer. Diese Arbeit war anstrengend und abends brummte ihr stets der Kopf, denn sie mußte den ganzen Tag über in einem dunklen Raum arbeiten. Eine Petroleumlampe mit Pappschirm, in dem sich einige kleine Löcher befanden, brannte vor ihr auf dem Tisch. Nun hielt Frau Kofler Granate um Granate gegen das Loch in der Pappe und nur die durchscheinenden Stücke, die ein dunkles Rot oder ein helles Rosa zeigten, wurden weiterverwendet. Die tauben Granate aber landeten im Lucknergraben. Die edlen Granate wanderten in die Schleiferei, in drei Holzkübel, die das Wasser um die eigene Achse drehte -so ähnlich wie ein Butterfaßl und in denen sich die Granate gegenseitig auf Hochglanz brachten und nach 12bis 24sttlndiger Rotierung die gewünschte Rundung aufwiesen. Die Granate wurden in Kisten zu je 100 Kilogramm verpackt, die man mit Eisenbändern umzingelt und in Pferdekarren über den Zödl nach Radenthein führte. Von hier kamen die Radentheiner Granate vorerst zur Bahn nach Spittal und mußten durch das Pustertal und über den Brenner nach Tirol reisen. In Zell am Ziller wurden die Granate ausgeladen, denn dort waren Josef und Franz Hofer, 'die Eigentümer des Granatbergwerkes, beheimatet. Diese überprüften nochmals ihre kostbaren Edelsteine, freuten sich über die Schätze aus Radenthein und brachten sie wieder zur Bahn, die sie nach Böhmen beförderte. Es war wahrlich ein weiter Weg, bis die Edelsteine vom Lucknergraben bis in die Städte am Fuße der Sudeten kamen, wo man sie als begehrte "Böhmische Schmuckgranate" in den Handel brachte. Diese "billigen Edelsteine", wie man sie damals bezeichnete, schmückten viele zarte Frauenhände und hingen auf mancher rosigen Frauenbrust. Wohl wußten auch zahlreiche Menschen um den Ursprung dieser Edelsteine und im Sommer wanderten viele Besucher zum Granatbergwerk in den Lucknergraben hinauf. So mancher Professor aus Wien oder Graz hatte Frau Kofler beim "Ausklauben" der Granate auf die Finger geguckt und ihr für ein leuchtendes rotes Stück zwei oder auch mehr Gulden geschenkt. Als der Magnesitabbau auf der Millstätter Alpe einsetzte, verstummte die Granatglocke im Lucknergraben. Die Gebrüder Hofer von Zell am Ziller erklärten die weitere Ausbeute als zu gering und so verfiel ein kleines Werk, von dem nur noch wenige Menschen und Reste zeugen. Vor 45 Jahren befaßte sich das Magnesitwerk mit dem Plan, den Abbau der Granate neu aufzunehmen, um billigen Schmirgel zu gewinnen. Man ließ aber den Plan wieder fallen, weil der Schoß der Millstätter Alpe nicht mehr den gewünschten Vorrat an Granaten birgt. Matthias MAIERBRUGGER
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