Meixner H. / 1975                                                                      Textauszug

  PARAGONIT VON DER PASTERZE, GLOCKNER/KTN., EIN BEITRAG ZUM "PREGRATTIT“ -PROBLEM

Von Heinz MEIXNER, Salzburg
A.BRUNLECHNER, 1893, S.192 war es, der als "Paragonit: Pregrattit in Glimmerschiefer, nächst der Briccius-Kapelle bei Heiligenblut" erwähnte, nicht mehr, weder über die Bestimmung, noch über das Vorkommen.

Zur Identifizierung war bei diesem Mineral im Jahre 1893 nur eine ordentliche, quantitative Analyse beweisend, die aber in diesem Falle sicher nicht gemacht worden ist. Die Bezeichnung erfolgte jedenfalls bloß per analogiam mittels Vergleich zu den Osttiroler analytisch als Paragonit erwiesenen "Pregrattiten". Die Bricciuskapelle selbst liegt zufolge der Karte von H.P.CORNELIUS & E.CLAR, 1939 in interstadialen Schottern, benachbart sind Serpentin und Kalkglimmerschiefer. Im Textband der genannten Autoren habe ich nichts über diesen Paragonit gefunden.
Als "Pregrattit" sind von L .LIEBENER, 1861, s. 54 lichtapfelgrüne, feinschuppige Paragonite (Natronglimmer) aus der Umgebung von Pregratten bezeichnet worden. 1
E.WEINSCHENK, 1896, S.469/471 machte ausführliche Mitteilungen über Osttiroler "Prägratit", über alte und neue Vorkommen, die bei ganz ähnlichem Aussehen, nach den vorliegenden Analysen teils zu Paragonit, teils zu Margarit gehören und -auch bei derselben Mineralart -ganz verschiedene Lötrohreigenschaften haben können; bei Paragonit z.B. von stark aufblätternd zu nicht aufblätternd, von leichter schmelzbar bis gerade noch Kanten rundend. Sehr ähnlich und aus dem selben Gebiet stammend, sind neben den Pseudomorphosen von Margarit nach Disthen auch solche von Serizit nach Disthen, die als "Damourit" bezeichnet worden sind. Für „Pregrattit" kommen nach WEINSCHENK also feinschuppiger Paragonit, Muskovit und Margarit in Frage und wegen des gelegentlich starken Aufblätterns v.d.L. ist manchmal auch Pyrophyllit vermutet worden. - H.LEITMEIER, 1951, S.117/118 ist es nicht gelungen, die von WEINSCHENK angegebenen Pregrattit-Fundstellen wiederzufinden. Eine ähnliche Substanz erhielt er schließlich jedoch von Vitus GASSER aus der hinteren Kleinitz, in Pseudomorphosen nach Cyanit. LEITMEIER, 1951, l.c. urteilt darüber:
"Nach vorläufigen Untersuchungen unter dem Mikroskop liegt Muskovit vor, der wohl stets der überwiegende Bestandteil aller bisher gefundenen
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1 Heute wird die Ortschaft "Prägraten" geschrieben. H.STRUNZ, 1970 verwendet natürlich L.LIEBENERs Originalschreibung "Pregrattit". Im Schrifttum findet man öfters auch Prägrattit und Prägratit.
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Prägratite der Ostalpen ist. Eine Neuuntersuchung der Prägratit genannten Glimmergemenge ist in Vorbereitung. Dazu scheint es nicht mehr gekommen zu sein. Seiner Meinung widersprechen eine Reihe von vorliegenden quantitativen Analysen im Schrifttum, wonach sich auch die Lehrbücher richten, z.B."Pregrattitt, teils Paragonit, teils Margarit; feinschuppig" bei H.STRUNZ, 1970, S.565. Auch ist wohl bei diesem extrem feinschuppigen Material in gedeckten Dünnschliffen eine optische Unterscheidung von Muskovit, Paragonit u. dgl. von vornherein aussichtslos. Ein reiches Material, das im Vorjahre unser Mitglied A.SlMA (Klagenfurt) auf der Pasterze unterhalb der Hofmannshütte aufgesammelt hat, ermöglichte es, diese "Pregrattit"-Frage an neuern Kärntner Material zu verfolgen. Das Anstehende muß im Einzugsgebiet der Pasterze liegen und auch der eingangs erwähnte alte Fund von der Bricciuskapelle könnte dazugehören.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um dichte, graugrün gefärbte, unregelmäßig begrenzte Partien, die ganz den üblichen Pregrattiten gleichen, von 1 bis wenigstens 10cm Durchmesser. Diese liegen in einer eindeutigen Gangfüllung, bestehend aus weißem bis rauchgrauem Qua r z , bräunlich anwitterndem, schwach eisenhaltigem Dolomit (nω etwas > 1,680) und 1 bis 2cm großen, verdrückt aussehenden, würfeligen Pyrit -xx. Im Gangquarz ist ein grobschuppiger, silberweißer Glimmer auffällig, der nach einer Diffraktometeraufnahme von Frl.S.RUSCHA (Salzburg) etwas überraschend auf Phlogopit hinwies; ein kleiner opt.2Achsenwinkel und nß,γ um 1,584 stimmen durchaus dazu.
Vom "Pregrattit" von der Pasterze hat Frau Dr.E.KIRCHNER (Salzburg) eine Diffraktometeraufnahme durchgeführt mit dem Ergebnis, daß es sich dabei mit Sicherheit um Paragonit handelt. Muskovit trat im Diagramm überhaupt nicht in Erscheinung. Das feinschuppige Material hat nß,r um 1,600, was zu Fe-freiern Paragonit paßt. Am vorhandenen Material war nichts zu beobachten, was auf eine "Pseudomorphose nach Disthen" gewiesen hätte.
Das Na-Mineral der Quarz-Ankerit-Kies-Gänge ist im Tauernbereich gewöhnlich ein Albit; in unserem Falle ist Albit als Begleiter bislang nicht festzustellen gewesen. So kann man folgern, daß hier diese eigenartigen, daher früher eigens benannten, dichten Paragonitaggregate stellvertretend für Albit als Na-Träger erscheinen.
Zum Abschluß werden noch einige Beobachtungen an mir zur Verfügung stehendem Vergleichsmaterial gebracht:
Im Jahre 1937 erhielt ich Proben von typischem "Pregrattit" von A. STEINER (Hinterbichl) mit dem Fundort "Dorfer Alpe bei Prägraten, Osttirol". Dabei handelt es sich um schön grünweiße, ganz dichte, äußerst feinschuppige Massen, in denen bloß einzelne, größere Glimmerblättchen auffallen. Das anhängende Muttergestein ist ein weißer Kalzitmarmor. Die Diffraktometeraufnahme dieses "Pregrattits" durch Frl.S.RUSCHA (Salzburg) lieferte ein Gemenge von serizitischem Muskovit mit Phlogopit .Die letztgenannte Bestimmung ist bemerkenswert, weil Phlogopit ja auch schon im eingangs untersuchten "Pregrattit" von der Pasterze festgestellt worden ist, dort allerdings zusammen mit Paragonit.
Im Jahre 1953 sammelte ich auf der Millstätter Alpe im Radenthein-Bruch, im Hangenden der Magnesitlagerstätte faustgroße Stücke von schön blauem Disthen (Cyanit), der teilweise in ein fein- bis gröber schuppiges, grünlich gefärbtes Glimmermineral umgesetzt war. Auch dieses Mineral ähnelt manchen "Pregrattiten". Die wieder von Frl.S.RUSCHA (Salzburg) vorgenommene Diffraktometeruntersuchung ergab Paragonit. Hier also haben wir einmal eindeutige Pseudomorphosen nach Disthen. Dies stimmt völlig überein mit dem Ergebnis von H.HARDER, 1956, 5.239/240 an ähnlichem Material, das ich ihm vom Bruch auf der Millstätter Alpe damals geliefert habe. Zusammenfassend ist also festzustellen, daß auch mittels Diffraktometermethode untersucht, typischer "Pregrattit" teils zu Paragonit , teils zu Muskovit zu stellen ist; für beide Fälle ist Phlogopit als Begleiter sehr bemerkenswert. Die alte Angabe über "Margarit" in solchen Vorkommen ist noch nicht neu bestätigt worden.
Für das interessante Material von der Pasterze danke ich unserem Mitarbeiter A.SIMA (Klagenfurt), für die Diffraktometeruntersuchungen Frau Dr.E.KIRCHNER und Frl.S.RUSCHA (Min.-Petrogr.Inst.d.Univ.Salzburg), dem Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Forschung (F.F.F.) für die zur Verfügungstellung des großen Forschungsmikroskopes CE. LEITZ, Wetzlar), das auch hier wieder wertvolle Hilfe leistete.

Schrifttum:
A. BRUNLECHNER, 1893: Neuere Mineralfunde in Kärnten. - Jb.nathist. Landesmus.v.Kärnten, 22., Klagenfurt 1893, 186/194. H. P.
CORNELIUS & E.CLAR, 1939: Geologie des Großglocknergebietes I, mit geol. Karte 1:25.000. - Abh.Zweigst. Wien d.Reichsst.f.Bodenforschung, 25, Wien 1939, 1/306.
H. HARDER, 1956: Untersuchungen an Paragoniten und an natriumhaltigen Muskoviten. -Heidelb.Beitr.z.Min.u.Petr., 5, 1956, 227/271.
H. LEITMEIER, 1951: Mineralien des südlichen Venedigergebietes. - Tscherm.Min.u. Petr.Mitteil., 2, 1951, 115/122.
L. LIEBENER, 1861: Mittheilung an KENNGOTT, Übersicht min.Forsch., 1861, 5.54; desgl. A.KENNGOTT, 5.55.
H. STRUNZ, 1970: Mineralogische Tabellen. - 5.Aufl., Leipzig 1970, 621 S.
E. WEINSCHENK, 1896: Die Minerallagerstätten des Gross-Venedigerstockes in den Hohen Tauern. - Zs.Kryst., 26, _18961 337/508.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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