Meixner H. & Walenta K. / 1979                                                Textauszug

 

LIEBIGIT, EIN FÜR ÖSTERREICH NEUES URANKARBONATMINERAL VON DER KÖLNBREINSPERRE, MALTATAL, KÄRNTEN.

Von Heinz MEIXNER Salzburg und Kurt WALENTA Stuttgart

Unserem Fachgruppenmitglied A. SIMA (Klagenfurt) ist wieder ein besonders interessanter Neufund gelungen. Er entdeckte in einem Steinbruch neben dem Kölnbreinbach, rechts von der Staumauer der Sperre Kölnbrein im Maltatal auf Granitgneisstücken hauchdünne, schwefelgelbe Anflüge, die, da sie im UVL lebhaft grün leuchten, Verdacht auf ein Uranmineral wach werden ließen. Nach der geologischen Kartierung (1: 50.000) von F. ANGEL & R. STABER , 1952, stehen dort „helle, granitische Gesteine des tieferen Stockwerkes“ an. Da ursprünglich nur äußerst wenig Untersuchungsmaterial zur Verfügung stand und die optischen Eigenschaften nicht mit den üblichen Uranmineralen übereinstimmten, sandte ich eine Probe an einen der besten Kenner solcher Uranminerale, an Prof. Dr. Kurt WALENTA (Stuttgart). Wenig später erhielt ich von ihm bereits den Hinweis, daß es sich wahrscheinlich um "Liebigit" handeln könnte; knapp darauf folgte seine Mitteilung "sicher Liebigit“ zu einem Zeitpunkt, als wir in Salzburg nach seinen Tips mit neu von A. SIMA gesammeltem und geliefertem Material den Liebigit-Verdacht auch auf optischem und röntgenographischem Weg bestätigen konnten. Auch bei sehr starken Binokularvergrößerungen sind keine deutlichen Kristalle sondern nur sphärolithische Ausbildung zu erkennen. Die Unterlage der Liebigit-Partien bilden ganz zarte, weiße Gips -Beläge stets auf Schichtflächen des Granitgneises.
Sehr vorteilhaft hat sich bei den optischen Untersuchungen des Uranminerals der direkte Vergleich mit Liebigit von Joachimsthal erwiesen. In beiden Fällen gestatteten winzige Blättchen die Feststellung von optisch zweiachsig positiv mit einem mittelgroßen Achsenwinkel, nα und nß um 1,500 und nγ um 1,540. Mit diesen Eigenschaften können die meisten der anderen Urankarbonate bereits ausgeschlossen werden.
Pulveraufnahmen von K. WALENTA und von Frau Dr. E. Ch. KIRCHNER (Salzburg) stimmen gut zu den Liebigit-Werten der ASTM-Kartei.
Liebigitkrusten, ebenfalls mit Gips vergesellschaftet, wurden kürzlich von K. WALENTA, 1977, 5.180/181 von Müllenbach bei Baden-Baden im nordwestlichen Schwarzwald, dort mit sehr zahlreichen weiteren Uranmineralen, nachgewiesen.
L i e b i g i t hat die Formel Ca2U(CO3)4•10 H2O, rhomb., und ist von J. L. SMITH, 1848 von Adrianopel erstbeschrieben worden. Ein ganz ähnliches Mineral von Joachimsthal hat A. SCHRAUF, 1882 als "Uranothalitl' benannt; ihre Identität haben H. T. EVANS Jr. & C. FRONDEL, 1950 festgestellt.
Von H. MEIXNER, 1940 a, b, sind zahlreiche Uranminerale im langwelligen UVL verglichen worden. Unter den starken Leuchtern haben sich 2 auffällige farbverschiedene Gruppen ergeben: a) gelbgrüne Leuchter, für die Autunit, Uranocircit, Uranopilit u.dgl. charakteristisch sind und b) rein grüne („giftgrüne“) Leuchter, zu denen Schröckingerit und Liebigit (Uranothalit) zählen. Gleichheit oder Unterschied ist am besten bei direktem Vergleich, z.B. mit Autunit zu beobachten. Unser Mineral von der Kölnbreinsperre entspricht völlig dem Liebigit der Gruppe b.
Dem neuen Liebigitfund kommt ein gewisses Interesse zu, weil aus derselben Gebirgsgruppe, etwa 20km westlich, aus dem Radhausberg-Unterbaustollen (=Thermalstollen, = Paselstollen) bei Böckstein neben anderen Uranmineralen auch ein dem Liebigit näher stehendes Mineral Schröckingerit: NaCa3(UO2)(CO3)3(SO4)F •10 H2O, trikl., dort noch rezenter Herkunft, bekannt geworden ist. H. HABERLANDT & A. SCHIENER, 1951, S.311 und 315 hatten es zunächst als "Neogastunit" bezeichnet, dann sich aber doch dem internationalen Namen "Schröckingerit" angeschlossen. Die gesamten Uranminerale des Thermalstollens sind zuletzt von H. MEIXNER, 1965, zusammenfassend behandelt worden. Bisher war dieses Gebiet um Badgastein-Böckstein das einzige im Penninikum der Hohen Tauern in Osterreich, in dem solche Uranminerale vorgekommen sind. Der Fund vom Kölnbreinkar regt zu erneuter Nachschau an, wozu die Verwendung von langwelligem UVL sehr vorteilhaft ist, in Granit- und Granitgneisgebieten der Hohen Tauern und der Zillertaler Alpen. Auch aus den Schweizer Alpen sind in den letzten Jahren unter ähnlichen Bedingungen entstandene Uranminerale (Grimselit, Bayleyit, Uranophan und ß-Uranophan) bekannt geworden vgl. z.B. S. G. RAESER & H. A. STALDER, 1976, S.164/165 und S. GRAESER, W. F. OBERHOLZER & H. A. STALDER, 1978, S.442. Wesentlich für all diese Uranmineralfunde sind gute Aufschlüsse durch Wasserstollenbauten und Bergbau oder durch Steinbrüche, die in Betrieb stehen.
Weitere Uranminerale konnten bisher bei der Kölnbreinsperre nicht gefunden werden. An Quarzinjektionen des Granitgneises gebunden, kamen bisher lediglich recht selten 1-2 mm große Bleiglanz -Einschlüsse mit deutlicher Würfelspaltung vor.
Mein Dank gilt dem Finder des Materials A. SIMA (Klagenfurt) und den Kollegen Prof. Dr. K. WALENTA (Stuttgart) wie Frau Dr. E. Ch. KIRCHNER (Salzburg) für die Mitarbeit bei. der Bestimmung .
ERGÄNZUNG BEI DER KORREKTUR: Nach einer eben erfolgten mündlichen Mitteilung von Dr. F. KOLLER (Wien) wurden von ihm aus der Umgebung des Schafkogels (Hollersbachtal) Kasolit Pb(UO2)SiO4•H2O, mon., in relativ reichlicher Menge nachgewiesen und dies in der nicht näher gekennzeichneten Neuauflage 1979 des Exkursionsführers von 1977, „Die Hohen Tauern, Mineralogie und Petrologie", Arbeitstagung der Österr. Mineralog. und der Schweizerischen Mineralog- und Petrographischen Gesellschaft in seinem Beitrag "Ersatzexkursion Achselalm Hollersbachtal" auf S.28 eingefügt. Kasolit war bei uns vorher nur als größte Seltenheit im Radhausberg-Unterbaustollen, vgl. H. MEIXNER 1965, S.214, bekannt.

SCHRIFTTUM:

ANGEL F. & R. STABER 1952: Gesteinswelt und Bau der Hochalm-Ankogel-Gruppe. - Wissenschaftl. Alpenvereinshefte, 13., 112 S. m.geol. K.1:50.000.

GRAESER S. & H. A. STALDER 1976: Mineral-Neufunde aus der Schweiz und angrenzenden Gebieten II. - Schweizer Strahler, 4., 158/171.

GRAESER S., W.F. OBERHOLZER & H.A. STALDER 1978: Mineral-Neufunde aus der Schweiz und von angrenzenden Gebieten III. - Schweizer Strahler, 4., 441/452. 

HABERLANDT H. & A. SCHIENER 1951: Die Mineral- und Elementvergesellschaftung der Zentralgneisgebiete von Badgastein (Hohe Tauern). – (T.M.P.M.) 2., 292/354.

MEIXNER H. 1940a: Fluoreszenzanalytische, optische und chemische Beobachtungen an Uranmineralen. -Chemie der Erde, 12., 433/450.

MEIXNER H. 1940b: Fluoreszenz von Uranmineralen. - Miner. u. Petrogr. Mitt. (T.M.P.M.), 52., 275/277.

MEIXNER H. 1965: Die Uranminerale um Badgastein, Salzburg, im Rahmen Osterreichs. Sitzber. d. österr. Akad. d. Wiss., Mathem.-naturw. Kl., Abt.I, 174., 203/227.

WALENTA K. 1977: Neue Funde sekundärer Uranmineralien im mittleren und nördlichen Schwarzwald. - Der Aufschluß, 28., 177/188.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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