Kahler F. / 1950

  Der Schwerspat des Magdalensberges bei St. Veit an der Glan.

Von Franz Kahler, Klagenfurt.

Der Schwerspat ist in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen Industrierohstoff aufgestiegen und wird von der Bleiberger Bergwerks-Union für ihre Lithopone-Erzeugung bei guter Qualität gerne gekauft. Eine bergmännische Gewinnung, die nur auf dieses Mineral gerichtet ist, liegt durchaus im Bereich der wirtschaftlichen Möglichkeit.
Im Landesmuseum liegt, von Herrn Taurer-Gallenstein geordnet, eine ganze Schublade voll von Schwerspatproben, auf denen zumeist schönes klare Kristalle sitzen. Bei den meisten Proben liegt ein Zettel mit der Handschrift Brunlechner's? also jüngeren Datums und ohne genauere Fundortangabe. Sie stammen nach diesen Bezeichnungen vom Magdalensberg.
Die Kristalle -alte Belegstücke des KLM hat schon vor etlichen Jahren S. Koritnig (Barytkristalle vom Magdalensberg in Kärnten. Zentralblatt f. Min., Jahrg.1940, A, 105-112) beschrieben. Sie sind im Mittel 1 cm, höchstens 3 cm groß, farblos bis weiß und teilweise recht flächenreichen. Koritnig fand 3 Trachtvarianten mit insgesamt 21 verschiedenen Kristallflächen. Der ebenfalls weiß gefärbte Witherit ist teils stengelig-fasrig; teils bröselig. Im derben Baryt wurde Pyrit in ganz kleinen Erzschmitzen nachgewiesen.
Die Proben die im Landesmuseum liegen sehen viel versprechend aus, obwohl sie hauptsächlich wegen der Kristalle gesammelt worden wraen. Ich machte gelegentlich einer Unterredung Herrn Tschernig der Bleiberger B.U. auf' dieses Vorkommen aufmerksam und er interessierte sich dafür, denn die Gesellschaft mußte den Schwerspat im Ausland kaufen und hätte natürlich gerne eine inländische Rohstoffquelle erschlossen.
Aber wo liegt das Vorkommen! Dar Magdalensberg ist ausgedehnt" wenn man nach einem Schwerspatvorkommen suchen will, das in irgend einer seiner waldigen Flanken liegen soll, die in der Regel so wunderschön verwachsen sind.
Es war also notwendig, zunächst im Schrifttum nachzusehen. Schon in Brunlechner (Die Minerale des Herzogtums Kärnten 1884) findet man Angaben. Es steht unter Baryt auf Seite 13:
Magdalensberg bei St. Veit, am Nordfuß dieses Berges in tafeligen Kristallen, auch derb mit Witherit gangförmig in den Werfener Schichten, und wenn man unter Witherit auf Seite 102 nachsieht: Am Nordfuß des Helenenberges bei Mairist; Oberhalb St. Donat derb, weiß und rötlichweiß, zusammen vorkommend mit Baryt auf einem Gang in Werfner Schiefer.
Das war schon mehr! Die Materialbeschreibung stimmt, wenn auch das Landesmuseum vom Witherit anscheinend. keine Proben hat, Mairist ist auf der Karte eingezeichnet. Lediglich eine Angabe stimmt nicht: die Werfener Schiefer. Ich fasse die Schieferstückchen auf den Proben als :Diabastuff-Schiefer der Magdalensbergserie (Erdaltertum) auf und kenne am Nordfuß des Magdalensberges keine Werfener Schiefer.
Dennoch war ich bald danach gelegentlich einer anderen Fahrt in Mairist. Der Bauer am Hangfuß war sehr interessiert, ließ sich alles erklären, wußte aber von nichts. Auch die ältesten Leute des Hofes und der Nachbarn wußten sich weder an einen Stollen oder einen Schurfbau zu erinnern oder kannten eine sonstige verdächtige Stelle im Walde. Der Bauer führte mich zu seinem Steinbruch, weil er dort weiße Adern wußte, die aiber Kalksinter und Kalkspat waren, wie so oft in den Diabastuffen. Zu einer Begehung der Umgebung blieb keine Zeit.
Sie schien zunächst wenig aussichtsreich. Die weitere Nachforschung im Schrifttum über Höfer, Zepharovic brachte nur geringe Fortschritte) wohl aber half ein freundlicher Zufall.
Zentralinspektor Kotnik des Geschichtsvereines brachte mir einen. Aufsatz in der Carinthia I über Salzquellen in Kärnten und fragte mich, ob ich diese Arbeit kenne", Ich kannte nur eine Arbeit in der Carinthia II über denselben Gegenstand, nicht aber diesen Bericht. In ihr wird eine Salzlacke beschrieben, die über dem Schwerspatbruch auf dem Grunde des Paulibauern liege. Das war unser Bauer in Mairist. Dieser wusste weder con einer Salzlacke noch einen Schwerspatbruch.
Auf der Karte gab es noch einen zweiten Paulibauern Und zwar hoch am Lippekogel, also schon südlich der Gurk. Geologisch wäre das Vorkommen möglich, aber am Fuß des Magdalensberges, das wollte bei weitester Auslegung nicht stimmen. Dennoch gingen wir, Dr. Tschernig und ich, von Herrn Ingo Aichbichlel als Ortskundigen, interessiert wie immer, geführt, hinauf. Wir fanden keine Spur von Baryt, wenn auch Rollstücke mit schwach eisenhaltigen. Späten.
Schon bei unserer Fahrt zum Ausgangspunkt dieser Begehung sprachen wir bei Fürst Khevenhüller vor und baten um Unterstützung. Wenige Tage später kam eine Nachricht, daß es szt. südlich von. St. Sebastian einen Paulibauern gab, dort wo heute die Zimmermanskeusche auf einer Brandstatt steht. Das war der dritte Paulibauer in diesem Gebiet. Der Raum war geologisch möglich, denn auch dort gibt es die Schiefer, die man auf den Proben sieht. Aber die alten Besitzer waren verzogen.... Steile Hänge im Tuffschiefer, fast ohne Aufschlüsse, keine Gerölle, die auf ein Barytvorkommen schließen ließen, keine unnatürlichen Geländeformen. Man wies uns an die Besitzer, die bei Greifenstein wohnen. Dort gab seine gern. gebotene Jausn, aber niemand hatte je einmal von einem Stollen, Steinbruch, Schurf oder Baryt gehört.
So rückte wieder das alte Mairist in den Vordergrund. Inzwischen suchte ich nochmals im Schrifttum und fand in den Verhandlungen der Geologischen Reichsanstalt 1868 auf Seite 213 folgenden Bericht:
Herr Hauser, Gutsverwalter zu Osterwitz bei St. Veit in Kärnten, übersendete für das Museum ein schönes Stück des „Witherit", auf dessen Zusammenvorkommen mit Baryt er bei Gelegenheit die gewünschten chemischen Prüfung mehrerer verflossenen Jahre durch seinen Schwiegervater, Herr D.Wallner eingeschickten Schwerspatmuster von hier aus aufmerksam gemacht worden war. Er gab dabei folgende nähere Daten über den Fundort dieses neuen Vorkommens: Der Gang befindet sich am nördlichen Fuße des Magdalens-Berges in der Nähe von Mairist oberhalb St .Donat und, das Nebengestein ist blauer Tonschiefer.. Ich verfolgte den Gang seither und bin nun in einer Höhe von 3-4 Klafter weiter einwärts wieder auf eine größere Masse von kohlensaurer Barya gekommen, welche im Schwerspat eingelagert ist.
Dies war die entgültige Bestiätigung des Vorkommens und nun hieß es beim Paulibauern in Mairist noch einmal gründlich suchen!
Dabei machte Dr. Tschernig den Vorschlag, genau nach der Methode der alten Erzsucher vorzugehen und zunächst den Bach, der beim Pauli herunterkommt, auf Baryt zu. Prüfen. Ein schwaches, vielleicht nach der Schneeschmelze kräftiger fließendes Bächlein, die Aussichten für diese Methode schienen nicht gut und dennoch:
Wenige Minuten später fanden, wir noch in unmittelbarer Nähe des Bauernhauses, im Bach die ersten größeren Barytstücke! Der Bauer traute seinen Augen nicht, Dr. Tschernig freute sich und ich mit ihm.
Das Vorkommen liegt knapp oberhalb des Bauernhofes, etwas südöstlich von ihm, schon im Wald.
Der Fahrweg teilt sich und knapp nachdem der nach Osten führende Weg den Bach überschritt hat, sieht man nördlich von ihm eine stark verwachsene Halde und südlich von ihm eine Nische, die nur durch Schurfarbeit entstanden sein kann, Hier liegt Baryt in Menge im Weg. Die geleistete Arbeit ist nicht groß und von den Freilegungen ist nichts mehr zu sehen. Es könnte sich um einen ungefähr in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Gang handeln, doch ist Bestimmtes nicht festzustellen, Am linken Ufer des Baches gibt es noch eine alte Rösche etwas oberhalb und bald danach hören im Bach die Barytstücke auf. Dadurch, dass der Bach einen Teil der Halde abspült, verrät er das Vorkommen.
Über die Mächtigkeit und Ausdehnung des Vorkommens kann man ohne neue Schurfarbeit nichts sagen, denn das Gelände ist zu sehr überdeckt. Die Schiefer neigen zum Kriechen und so ist der Handfuß sehr stark mit Lockermassen überlagert.
So kann erst eine energische Schürfung den Gang wieder aufschließen. Mineralogisch wäre es erfreulich, denn die Barytkristalle sind sehr schön, wenn auch nicht sehr groß und Witherit, das recht seltene Bariumkarbonat, hätten wir doch alle gern in unserer Sammlung. Vielleicht war aber die Anwesenheit gerade dieses Minerals im Gang seinerzeit die Ursache der Einstellung: denn Witherit ist löslich und wie alle löslichen Bariumverbindungen giftig und so wurde seine Anwesenheit auch den Baryt giftig machen. Für die heutige technische Auswertung dürfte dies allerdings kein Hindernis sein.
Aus dieser langwierigen Sucharbeit ergibt sich die einfache Lehre: die Proben y die eine öffentliche Sammlung verwahrt, gestatten noch nach Jahrzehnten, wenn die Erinnerung schon erloschen ist ? ein Vorkommen wieder zu entdecken, wenn das Vorkommen möglichst genau angegeben ist.
Unsere Sammlerfreude begnügen sich heute erfreulicherweise nicht mehr mit der Bezeichnung „Bleiberg“ oder "Tauern“ oder "Koralpe“, von "Sibirien, der alten Sammlungen ganz zu schweigen.
Man erkennt aber noch etwas zweites: die bergbauliche Erfahrung und Überlieferung geht rapid zurück! Die schurffreudigen Menschen sind selten geworden, denn die meisten Erzvorkommen, die man oberflächlich sehen kann, sind ohne wirtschaftliche Bedeutung. Das Schürfen ist teuer, teuer war es freilich auch in früheren Zeiten.
Wir werden überlegen müssen, wie wir die noch vorhandenen Kenntnisse in der Bevölkerung von alten Stollen und Erzvorkommen retten und aufzeichnen konnten.
Denn wissenschaftlich kann das kleinste Vorkommen zum wichtigen Beweis und zur richtigen Spur werden.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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