Meixner H. / 1974

 

ALTBEKANNTE UND NEUE (KERMESIT, ANTIMONIT) ANTIMONMINERALE AUS DEN EISENSPATLAGERSTÄTTEN DES HÜTTENBERGER ERZBERGES.

Von Heinz MEIXNER, Salzburg

Aus Kärntner Lagerstätten vom Typus des Hüttenberger Erzberges, zunächst von Wölch bei St. Gertraud im Lavanttal, ist schon sehr frühzeitig ein Antimonerz beschrieben worden. F. MOHS (1824) hat es zunächst "prismatoidischen Kupferglanz", dann (1839) "prismatoidischen Dystomglanz" genannt, wofür W. HAIDINGER (1845) als Internationale Bezeichnung "Wölchit " einführte, in Hinblick auf einen von A. SCHRÖTTER behaupteten As-Gehalt des Erzes von 7,10%; im übrigen hatte bereits F. MOHS (1824) auf die nahe Übereinstimmung oder gar Identität mit Bournonit /Pb2Cu2Sb2S6/ hingewiesen. Ein As-Gehalt konnte in der Folge nicht bestätigt werden und verschiedene Bearbeiter bestätigen die Übereinstimmung des frischen Erzes mit Bournonit. Dieses Erz verwittert in Oxidationszonen leicht zu schwefelgelbem "Antimonocker", wie man die Substanz lange bezeichnete, und verschiedenen Cu- und Pb-Mineralen (Malachit, Azurit, Linarit, Cerussit, Anglesit, Brochantit u.a.). Recht überflüssigerweise ist es um die Mitte des vorigen Jahrhunderts dann in Kärnten üblich geworden, für gelb angewitterten Bournonit den Namen "Wölchit" weiter zu verwenden, so für die inzwischen entdeckten Vorkommen von Olsa bei Friesach, von Waitschach bei Hüttenberg u.dgl.
Vom Hüttenberger Erzberg selbst nannte F. MÜNICHSDORFER, 1859 (12, S. 126) Fahlerz im Schwerspat des Antonstollens (Andreaskreuz); auch F. SEELAND, 1865 (13, S.196) führt als "außerordentliche Seltenheit auch Fahlerz mit Malachit" an. Dies ist höchstwahrscheinlich unser Bournonit, den H. HÖFER, 1874 (3, g.25) bereits bloß als "fahlerzähnliches Mineral" bezeichnete. V. von ZEPHAROVICH, 1867 (15, S.13/14) hatte schon eindeutigen Bournonit zusammen mit Arsenkies und Rammelsbergit in "Hornstein" ( wohl = Kalzedon) und Siderit vom Wolfsbau-Lager des Hüttenberger Erzberges nachgewiesen; A. BRUNLECHNER, 1884 (1, S.16) kannte bereits "Bournonit, derb mit Antimonocker überzogen und Cerussitkryställchen in kleinen Hohlräumen des Bournonits" aus dem Felixbau bei Hüttenberg. -1948/50 wurde anläßlich einer näheren bergbaulichen Untersuchung der nächst dem Hüttenberger Ortsfriedhof gelegene Felixbau ausgebaut Es handelte sich um stark limonitische Erze, die durch Oxidation von Ankerit entstanden sind. Dabei gab es im Felixbau wieder einige prachtvolle Bournonitkristallfunde, xx von mehreren cm Durchmesser in Rädelerzverzwilligung, doch stets äußerlich eigelb angewittert. Um 1887 erfolgte ein noch immer einmalig gebliebener Mineralfund im Fleischerstollen des Löllinger Reviers am Hüttenberger Erzberg: zusammen mit Pyrit-xx sind bis über 1cm große Zwillingskristalle von Ullmannit / NiSbS / in Baryt eingewachsen vorgekommen, worüber Untersuchungen und Berichte von V. von ZEPHAROVICH (16, S.8091 813; 17, S.5), F. SEELAND (14) und C. KLEIN & P. JANNASCH (4) vorliegen.
Der bei der Verwitterung von Bournonit ganz allgemein entstehende, schon oben erwähnte "Antimonocker" ist von V. von ZEPHAROVICH, 1893 (18, S.65) irrtümlich als "Cervantit" bezeichnet worden. H. MEIXNER, 1937/1951 (6; 7;) und G. HÄGELE, 1937 (2) zeigten, daß tatsächlich in diesen Fällen stets Bindheimit / Pb1-2Sb2-1(O,OH, H2O)6-7 entsteht. Wieder eine Neuheit für den Hüttenberger Erzberg bedeutete ein Fund von 1939, den K. MATZ, 1948 (5) zuerst bearbeitet hat: ged. Arsen (Scherbenkobalt), erzmikroskopisch darin auch Proustit, /Ag3AsS3 / und Fahlerz. H. MEIXNER, 1950 (8, S.205-208) untersuchte auf diesen Stücken ab und zu vorhandene, recht kleine, weiße Oxidationsbildungen, die bereits MATZ als "vermutliches Arseniat" erwähnt hat und konnte Arsenolith und Valentinit, Sb2O3 / feststellen; das Ursprungserz wurde neu analysiert und nun wesentlich mehr Sb als zuvor darin gefunden. Es handelte sich um ein schichtig gebautes Gemenge von ged. Arsen und Stibarsen / As Sb /.
Neue erzmikroskopische Untersuchungen von Hüttenberger Erzen, insbesondere aus dem nach dem Zweiten Weltkriege neu erschlossenen Gossener Revier, an denen O. M. FRIEDRICH (Leoben), P. RAMDOHR (Heidelberg) und der Verfasser beteiligt waren, haben an Antimonerzen neben hier reichlich vorhandenem Bournonit noch zum Nachweis von Boulangerit, Pb5Sb4S111, Stibioluzonit, Cu3SbS41, Tetraedrit, Cu3SbS3 251 und wahrscheinlich auch , Polybasit, /(Ag,Cu)16 Sb2s11/ geführt, vgl. H. MEIXNER (9).
Nachdem bereits im vorigen Jahrhundert, vgl. A. BRUNLECHNER, 1884 (1, S.7) Antimonit /Sb2S3 /aus den zum Hüttenberger Vererzungstypus gehörigen Lagerstätten Loben bei St. Leonhard i.L., Wölch bei St.  Gertraud i.L. und 01sa bei Friesach bekannt waren wenigstens ein Teil dieser Bestimmungen konnte an Material aus der Sammlung des Landesmuseums von Kärnten von mir bestätigt werden. Der in der vorliegenden Arbeit aus derselben Paragenese im folgenden neu beschriebene "Kermesit" läßt allerdings die Möglichkeit offen, daß bei MATZ dieses Erz und nicht "Proustit" zugegen gewesen ist. Es handelte sich um winzige Einschlüsse, die unter stärksten Olimmersionsvergrößerungen tiefrote Innenreflexe gezeigt haben. War Antimonit eines Tages auch für den Hüttenberger Erzberg selbst fällig. Zudem hatte knapp zuvor F. THIEDIG (1962) bei Kartierungsarbeiten in der Saualpe eine einst bergbaulich aufgeschlossene, doch bisher völlig unbekannt gebliebene Antimonitlagerstätte bei Brückl aufgefunden, vgl. H. MEIXNER & F. THIEDIG, 1969 (11).
Der erste ged. Arsen -Stibarsen -Fund im Hüttenberger Erzberg aus dem Jahre 1939 stammte aus dem Heinrichslager, 40m unter Heinrichsohle (5).
Im März 1968 fand Markscheider H. SCHENN bei der Sieberei am Bahnhof Hüttenberg einige frisch zerschlagene Erzsplitter, an denen schaliges, rasch schwarz anlaufendes ged. Arsen neben viel länger frisch bleibenden Stibarsen -Schichten und ein recht weiches, graues, metallisch glänzendes, stengeliges Erz auftraten. Die nähere Untersuchung hat den ersten Nachweis von Antimonit /Sb2S3/ für den Hüttenberger Erzberg selbst ergeben, siehe H. MEIXNER, 1968 (10, 5.97); spätere Erkundigungen ergaben, daß das Stückchen wahrscheinlich aus dem Josefslager, 1.F.L. über Johann stammte.
Im September 1969 erhielt ich von Reviersteiger F. GLAZAR eine kleine Probe, wiederum aus dem Josefslager, jedoch vom 2.Sohllauf unter Leopoldsohle. Der Fund ist wichtig, denn hier war neben einer wechselnd aus ged. Arsen -Stibarsen bestehenden, etwa 2cm dicken Schicht eine über 1cm starke, strahlige Kernzone von Löllingit zugegen, womit erstmals ein sicherer direkter Zusammenhang der ged. Arsenfunde mit der Löllingitphase in dieser Lagerstätte erwiesen ist.
Von Obersteiger W. TSCHETSCH bekam ich einige, von Anfang 1974 stammende Proben, die einen neuerlichen ged.Arsen -Stibarsen -Fund bezeugten, diesmal aus dem Juliuslager, 3.F.L. über Unterfahrungssohle. Das Stibarsen erhält Monate lang seine frische, blanke Farbe, so daß ich mit der Möglichkeit von ged. Antimon rechnete, Röntgenaufnahmen von Frau Dr. E. KIRCHNER und Frl. S. RUSCHA (Min. Inst.d.Univ.Salzburg) bezeugten aber stets, daß bloß Stibarsen zugegen ist. Etwas Antimonit war auch an diesem Material zu beobachten.
Offensichtlich von diesem selben Fund aus dem Frühjahr 1974 stammen Stücke, die unter Werksarbeitern und Sammlern in Kärnten kursieren, auf denen neben den genannten Erzen noch ein weiteres zugegen ist. Es handelt sich dabei um bis über 1cm lange, strahlige, gewiß etwas Antimonit ähnliche Partien, die jedoch nicht ganz so metallisch wie dieser glänzen, bei stärkstem Licht (am besten bei Sonne) tiefrote Innenreflexe zeigen und natürlich auch einen roten Strich besitzen. Mein Freund, Hofrat A. BAN, erzählte mir zunächst von solchen Stücken, die er gesehen hatte, aber nicht erhalten konnte.
Der Zufall half weiter, als ich bei der Frühjahrstagung unserer Fachgruppe im Mai 1974 in Klagenfurt von F. GRÖBLACHER-HOLZBAUER (Viktring) eine kleine Probe mit "Stibarsen mit Proustit“? vom Hüttenberger Erzberg, März 1974" beschriftet, zur näheren Bestimmung erhielt. Herrn GRÖBLACHER verdanken wir in Kärnten, insbesondere aus Sau- und Koralpe schon eine ganze Reihe von interessanten Neufunden. Pulverpräparate zeigten ein tiefrot durchscheinendes, nadeliges Mineral mit etwa gerader Auslöschung, schwachem Pleochroismus bei sehr hoher Licht (über 2,0) und Doppelbrechung. In Salzsäure ist das Erz unter Schwefelwasserstoffentwicklung löslich, bei Verdiinnung mit Wasser fällt orangerotes Antimonsulfid aus; ebenso wird das Erz in Natronlauge gelöst. Die Röntgenaufnahme, die Frl. S. RUSCHA (Salzburg) freundlichst vornahm, hat, wie nach obigem zu erwarten, gleich ergeben, daß kein Rotgültigerz (Proustit oder Pyrargyrit), sondern Kermesit / Sb2S2O/ (=Rotspießglanzerz) ais erster, sicherer Nachweis für Kärnten, vorliegt. Was früher in Kärnten und Osttirol (vgl.9, S.37 und 41) aus den Antimonitlagerstätten von Leßnig im Drautal, von der Gurserkammer bei Oberdrauburg und vom Rabantberg teils als "roter Valentinit", teils als "Kermesit" erwähnt worden ist, als junge, rezente Bildung, scheint viel eher zum amorphen Metastibnit /Sb2S3/ zu gehören.
Der Hüttenberger Kermesit ist in Siderit und Ankerit (nach nω 1,726 mit etwa 56 F.E.% CaFe(CO3)2-Anteil) eingewachsen und offenbar nicht durch Oxidation von Antimonit, sondern im Zuge der Vererzung mit Stibarsen, Antimonit usw. entstanden. Leider sind von diesem interessanten Fund nur mehrminder zufällig ganz geringe Mengen der fachlichen Untersuchung zugänglich geworden. Aus rund 200jährigen Beobachtungen können wir also aus den element- und mineralartenreichen Hüttenberger Lagerstätten
                          11 Antimonminerale,
              davon a) 9 aus der primären Vererzung
                 und b) 2 aus der sekundären Umwandlung anführen: 
a) Stibarsen, Antimonit, Bournonit, Boulangerit, Tetraedrit, Stibioluzonit, Polybasit, Ullmannit und Kermesit und 
b) Bindheimit und Valentinit. Für Material danke ich bestens den Herrn F. GRÖBLACHER-HOLZBAUER (Viktring), Obersteiger W. TSCHETSCH, Reviersteiger F. GLAZAR und Markscheider H.SCHENN vom Bergbau Hüttenberg sowie für einige Röntgenuntersuchungen Frau Dr. E. KIRCHNER und Frl. S. RUSCHA (Univ.Salzburg, Inst. f.Min.u.Petrogr.).

Schrifttum:

1) A.BRUNLECHNER: Die Minerale des Herzogthums Kärnten. - Klagenfurt 1884.

2) G.HÄGELE: Röntgenographische Untersuchung des Bindheimits von Waitschach bei Hüttenberg, Ktn. - Zentralbl.f.Min., 1937, A, 45-50.

(3) H.HÖFER: Bleiglanz, Cerussit und Anglesit in den Hüttenberger Eisenerzlagerstätten. - Zs.d.berg-u. Hüttenm.Verf.f.Kärntent, 6 Klagenfurt 1874, 24-26.

(4) C.KLEIN & P.JANNASCH: Über Antimonnickelglanz (Ullmannit) von Lölling und von Sarabus (Sardinien). - N.Jb.f.Min., 1887/II, 169-173.

(5) K.MATZ: Gediegen Arsen (Scherbenkobalt) vom Hüttenberger Erzberg (Kärnten). - Car. II, 137, Klagenfurt 1948, 10-16.

(6) H.MEIXNER: Bindheimit und seine Paragenese aus den Lagerstätten Oberzeiring (Steiermark), Hüttenberg, Waitschach, Olsa, Wölch (alle Kärnten). - Zentralbl.f.Min., 1937, A, 38-41.

(7) H.MEIXNER: Zum Bindheimit. - Mh.d.N.Jb.f.Min., 1950, 16-19.

(8) H.MEIXNER: Neue Mineralvorkommen aus den Ostalpen. - Heidelb. Beitr. zur Min.u.Petr., 2, 1950, 195-209.

(9) H.MEIXNER: Die Minerale Kärntens I. - Car. II, 21.Sonderh., / Klagenfurt 1957, 1475.

(10) H.MEIXNER: Neue Mineralfunde in den österr.Ostalpen XXIII. - Carinthia II, 158, Klagenfurt 1968, 96-115.

(11) H.MEIXNER & F.THIEDIG: Eine kleine Antimonitlagerstätte bei Brückl, Saualpe, Ktn. - Car. II, 159, Klagenfurt 1969, 60-67.

(12) F.MÜNICHSDORFER: Mineral-Vorkommen am Hüttenberger Erzberge. - Jb.d.naturhistor.Ld.Mus.v.Kärnten, 4, Klagenfurt 1859, 115-126.

(13) F. SEELAND : Der Hüttenberger Erzberg. - Jb.d.nathist.Landesmus. von Kärntent 7, Klagenfurt 1865, 163-200. 

(14) F.SEELAND: Der Ullmannit des Hüttenberger Erzberges. - Carinthia, 77, Klagenfurt 1887, 185-187

(15) V.v.ZEPHAROVICH: Der Löllingit und seine Begleiter. Eine paragenetische Studie aus dem Hüttenberger Erzberg in Kärnten. - 2. Ser., Verh.d.Russ.-Kaiserl.Min.Ges. zu St.Petersburg, 2, St. Petersburg 1867. 1-24.

(16) V.v.ZEPHAROVICH: Mineralogische Mitteilungen. - Sitzber.d.Wien. Akad.d.Wiss., 60, Wien 1869, 809-820.

(17) V.v.ZEPHAROVICH: Mineralogische Notizen. - Lotos, Z.f.Naturw., 20, Prag 1870, 3-9.

(18) V.v.ZEPHAROVICH: Mineralogisches Lexikon für das Kaiserthum Österreich. -3 Wien 1893.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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