Kostelka L. / 1961                                                                                             Textauszug

  Kartierungs- Teilergebnisse und Deutungsversuche für die östlichen Gailtaler Alpen.

Von Ludwig KOSTELKA, Klagenfurt.

In den Jahren 1946 bis 1955 hat HOLLER für bergbauliche Zwecke in den östlichen Gailtaler Alpen kartiert. Eine Reihe wertvoller Veröffentlichungen und eine unveröffentlichte Karte liegen als Ergebnis vor. Seit 4 Jahren setze ich diese Arbeiten fort und zwar nach Norden und Osten. Dabei konnte ich u.a. Beobachtungen machen, die einerseits zu einer neuen Erkenntnis in der Detailtektonik der östlichen Gailtaler führten und die anderseits zu einer Arbeitshypothesen in Form einer Zonengliederung verleiteten, deren Richtigkeit und Gültigkeit noch überprüft werden muß.
Die beigegebene Kartenskizze des geologisch aufgenommenen Gebietes ist vorwiegend HOLLERs Arbeit und ich danke besonders für die Erlaubnis zur Veröffentlichung. Eine gemeinsame Veröffentlichung über die bisher gewonnenen Ergebnisse ist geplant. Es sind in dieser vorliegenden Karte im wesentlichen nur zwei tektonische Einheiten gegenübergestellt, und zwar sind je nach deren Relativbewegung Hoch- oder Horstzonen und Mulden- oder Synklinalzonen ausgeschieden. Sekundäre Antiklinalen und Synklinalen sind über die Hauptstruktur gezeichnet.
Die Hochzonen bestehen meist aus Wettersteindolomit und -kalk, in den Muldenzonen sind Obertag vorwiegend Carditaschichten und Hauptdolomit aufgeschlossen. Die Grenzen der Einheiten gegeneinander werden fast immer durch O-W bis WNW-OSO streichende Störungen gebildet, wie dies durch die unterschiedliche Reaktion der Gesteine auf mechanische Beanspruchung, z.B. bei der Einengung des Gebietes zwischen Drau- und Gailtal, erklärbar ist.
Die nördliche Grenzstörung der Hochzone, die ich nach HOLLER Kreuzen-Längsstörung nennen will, wurde von diesem auf 14 km Länge verfolgt. Genau an dem Punkt, wo die Ostfortsetzung der Kreuzen Längsstörung an einer NW-Kluft um 1200 m nach So versetzt ist, begann meine Kartierungsarbeit. Die Auskartierung dieser Scherkluft, die ich Langenwandstörung nannte, ergänzt den durch HOLLER aufgenommenen Teil weiter südlich sehr schön. Durch Verstellungen der nördlichen und südlichen Grenzstörungen der Hochzone entsteht ein Knick der ganzen Zone, die für die Vererzung so bedeutungsvoll ist.
Die Morphologie, das Umbiegen des Erzbergkammes östlich des Kowesnock, fügt sich wie selbstverständlich in diese Knickstruktur. Tm Einzelnen ist die Langenwandstörung kompliziert gebaut, sie läßt einige Parallelstörungen erkennen, die jedoch in dem stark verwachsenen Gelände nicht exakt verfolgt werden können.
Es muß besonders darauf hingewiesen werden, daß im Meridian dieser Knickung in der Horstzone eine sekundäre Antiklinale (mit wahrscheinlich NW streichender Achse) ausgebildet ist, in deren Kern Störungen auftreten, die als Gleitmittel Werfener Tonschiefer führen. Unter der Annahme, daß der Transport der skythischen Tonschieferschmiere rd. 100 m betragen haben könnte, kann man im Meridian des Knickes feststellen, daß die Werfener Schiefer in ihrer Höhenlage sehr stark schwanken, woraus auf ein lebhaftes Relief des vortriadischen Untergrundes geschlossen werden kann.
Da südlich und nördlich der O-W streichenden Horstzone eine deutliche Faziesdifferenz, besonders im Ladin feststellbar ist, muß die Schwelle, die in der Trias die beiden Tröge geschieden hat, bereits damals im Bereich der jetzigen Hochzone gelegen haben. Eine bereits im Untergrund angelegte Aufwölbung könnte schon alt angelegt sein und durch die Einengungstektonik verstärkt worden sein, daß die Werfener Schiefer auf 1100 m Seehöhe zu liegen kommen.
Es ist sicher, daß im Zusammenhang mit den Bewegungen, die zu der Knickstruktur geführt haben, Nord-Süd bis WNW-OSO gerichtete Kräfte aufgetreten sein müssen, die die im Bereich von Bleiberg Untertage festgestellten Überschiebungen bewirkt haben könnten. Jedenfalls dienten die Kartierungsergebnisse als Unterlage für die Festlegung der Vortriebsrichtung des bereits in Betrieb befindlichen 4,5 km langen Verbindungsstollen von Rubland nach Kreuth bei Bleiberg.
Die Auffindung eines bis dahin unbekannten Blei-Zinkvorkommens im Gebiet "auf der Eben“, das einen antiklinalen Bau zeigt und das genau in der Fortsetzung des gegen NW untertauchenden Zebar-Revieres von Rubland liegt, war der Anstoß zu untersuchen, ob nicht die Positionen der Lagerstätten des östlichen Drauzuges eine grundsätzliche Leitrichtung erkennen lassen. Das Resultat ist in der beigelegten Karte enthalten; auf dieser sind neben der tektonischen Relativstellung der einzelnen Gesteinskörper die angenommenen Grenzen der beiden hypothetischen erzführenden Zonen eingezeichnet. Die östliche vererzte Zone würde folgende Lagerstätten umfassen:
Bleiberg
Rubland
Auf der Eben
Kienleiten u. nördl. d. Aufnahmegebietes
Golsernock-Spitznock

In der westlichen Zone liegen die Vorkommen
Windische Höhe
Marchtratten
Tscheckelnock I
Mitterberg
Ob diese Zonengliederung vom Standpunkt der Vererzung durch allgemeine geologische Tatsachen erhärtet und bewiesen werden kann, wird die bereits begonnene Weiterbearbeitung dieses Problemes, zunächst für den Bereich der Kalkalpen zwischen Gail und Drau, zeigen. Auffallend ist, daß sich auf Grund der eingangs erwähnten Detailkartierung folgende Feststellungen ergeben, die auf die Sonderstellung dieser beiden Zonen hinweisen.
1.) In der östlichen Zone liegt der größte Teil der Erze im Wettersteinkalk. Im westlichen vererzten Bereich sind vorwiegend die karnischen und norischen Schichtpakete die Erzträger.
2.) Im südlichen Bleiberger Trog, an dessen verlängerter, möglicher Westgrenze (2 Varianten) das vor wenigen Jahren entdeckte Tuffvorkommen liegt, reicht die typische Bleiberger Fazies des Ladin eben bis zu dieser Grenzlinie. Auffällig in diesem Zusammenhang ist, daß das Auftreten von tuffverdächtigen grünen Mergeln im unteren und obersten Wettersteinkalkniveau, soweit wir bis jetzt wissen, ebenfalls auf die Bleiberger Fazies innerhalb der erzführenden Zone beschränkt ist.
3.) könnte die kalkige Entwicklung im hangenden Teil der norischen Schichtfolge im westen der Bleiberger Lagerstätte ebenfalls als mögliche Faziesgrenze gedeutet werden.
4.) Die auffallende, alle Bereiche erfassende Komplizierung der Tektonik in den beiden NW streichenden vererzten Zonen könnte ein Hinweis auf deren Sonderstellung sein. Die Tatsache der besseren Aufschlüsse durch den Bergbau gerade in diesen beiden Bereichen muß einschränkend angeführt werden.
Es ist zumindest bemerkenswert, daß die Verlängerungen der der Grenzen der östlicheren vererzten Zone mit den Begrenzungen des Dobratschmassives übereinstimmen könnten.
Zur Frage der Genese der Blei-Zinkerzvorkommen im Zusammenhang mit der Sonderstellung der beiden vermuteten vererzten Zonen kann vorläufig keine Stellung genommen werden. Es kann sich bei den Zonen ebenso um ein System von Rinnen mit reduzierendem Mileu im Triasmeer gehandelt haben, als auch um eine diese Zonen auszeichnende lebhafte hydrothermale Aktivität, vielleicht im Zusammenhang mit einem teilweise sicher vorhandenen geosynklinalen Vulkanismus.
Die Ansicht HOLLERs, daß die NW-Klüfte für die Vererzung wesentlich sind, würde durch diese Zonengliederung eine Bestätigung, wenn auch unter ganz anderen Voraussetzungen, erhalten.
Da der Beweis für das Vorhandensein solcher erzführender Zonen besonders für die montangeologische Beurteilung wesentlich wäre, darüber hinaus aber auch ein allgemein interessantes Problem vorliegt, soll diese Frage weiter bearbeitet werden.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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