Strehl E. / 1980                                                                                                        Textauszug

 

EIN IDEALPROFIL DURCH DAS UNTERANIS DES DOBRATSCH (VILLACHER ALPE), KÄRNTEN.

Von Eberhard Strehl, Kiel 
(Mit 2 Abbildungen)

ZUSAMMENFASSUNG:
Das Unteranis (Untere Mitteltrias) der Basisabfolge des Dobratsch, das gegenüber dem übrigen Drauzug eine unterschiedlicher Faziesentwicklung aufweist, ist im Graben unterhalb der Kranzwand, etwa 10 km östlich von Nötsch, am besten aufgeschlossen. Das typische, ziemlich lückenlose Profil, das im Liegenden mit vermutlichen Werfener Schichten beginnt, umfaßt eine 240 m mächtige Schichtenfolge von Dolomiten und Tonschiefern, in die im liegenden Teil Kalke, im hangenden Abschnitt drei Gipszonen eingeschaltet sind. Es wird hiermit erstmals, vorerst nach rein feldgeologischen Gesichtspunkten, vorgestellt.
ABSTRACT: The lower Anisian (lower Middle Triassic) of the Dobratsch base (eastern Gailtal Alps, Carinthia), which shows a different facies development in comparison with the rernaining Drau Range, is best exposed in a ravine below the Kranzwand, 10 kilometers east of Nötsch. The typical, rather complete section, which begins with presumable Werfen beds in the lowest part, comprises a 240 m thick series of dolomites and shales, which includes limestones in the lower part, and three zones 9f gypsum in the upper section. It is herewith represented for the first time, according to field geological aspects.

EINFÜHRUNG:
Das Unteranis des Dobratsch besteht nach COLINS & NACHTMANN (1974) aus gipsführenden Tonschiefern und Dolomiten. Es unterscheidet sich faziell somit deutlich vom übrigen Drauzug, wo eine Flaser-Wurstelkalk-Folge (BECHSTÄDT, 1978) entwickelt ist.
Im Rahmen einer Untersuchung der Gipsvorkommen an der Südseite des Dobratsch (STREHL et al., 1980) nahm der Verfasser Profile durch skythische und anisische Ablagerungen im Graben unterhalb der Kranzwand (Wabenriegel) und an der von den Bösen Gräben herabführenden Schuttrinne auf (Abb.1). Dabei zeigte sich, daß im Kranzwand-Graben über wenigen Metern vermutlicher Werfener Schichten ein Unteranis-Profil auftritt, das in dieser typischen Ausbildung und Vollständigkeit kein zweites Mal am Dobratsch aufgeschlossen ist. Der Graben verläuft in NNE-SSW-Richtung. Er ist nicht leicht zugänglich. Die erste, recht frühe geologische Erwähnung stammt von PETERS (1856). Danach findet man bei den späteren Bearbeitern kaum einen Hinweis auf dieses Vorkommen. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, daß die Aufschlüsse infolge Schuttbedeckung zeitweise nicht zugänglich waren. Daher ist bei SCHRIEL (1951) an der betreffenden Stelle "historisches Bergsturzmaterial", bei ANDERLE (1951) "Bergsturzablagerungen" und bei ANDERLE (1977) "rezente Schuttablagerung" verzeichnet. COLINS & NACHTMANN (1978) hingegen scheinen die Aufschlüsse im Kranzwand-Graben gefunden zu haben. Allerdings trifft ihre Deutung ,,1Nerfener Schichten" größtenteils nicht zu.

UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE
Im folgenden wird das Profil nach rein feldgeologischen Gesichtspunkten vorgestellt (Abb.2). Sedimentologische und paläontologische Untersuchungen werden folgen.
Das Profil beginnt im Liegenden in 700 m Seehöhe mit Sedimenten, die lithologisch zu den Werfener Schichten gehören dürften. Nach einer Schichtlücke treten die ersten Dolomitbänke auf. Da am Dobratsch nach COLINS & NACHTMANN ( 1974: 11) das Anis aufgrund von Sporenuntersuchungen mit den ersten Einschaltungen von Dolomiten beginnt, ist hier die Liegendgrenze des Unteranis anzunehmen. Tm unteren Teil des Profils kommen neben den vorherrschenden Dolomiten und grauen Tonschiefern auch Kalke und dolomitische Kalke vor. Rote Tonschiefer und Sandsteine, wie sie von COLINS & NACHTMANN (1914: 111) aus dem Anis des Leopold-Erbstollens bei Bleiberg-Kreuth, an der Westseite des Dobratschmassivs, beschrieben wurden, konnten im Kranzwand-Graben nur ganz selten bzw. gar nicht beobachtet werden.
Im oberen Teil des Unteranis-Profils sind in den Dolomiten und Tonschiefern drei, zum Teil mächtige Gipszonen mit bis m-dicken Gipsbändern zum Teil sehr gut aufgeschlossen (s. auch STREHL et al., 1980). Nach COLINS & NACHTMANN (1974) hingegen sind am Dobratsch übertage keine Gipslagen aufgeschlossen, sondern nur im Leopold-Erostollen zu sehen.
Das ca. 240 m mächtige Unteranis-Profil endet in 830 m Seehöhe unter karbonatischem Schutt. Sicher reichen die gipsführenden Dolomite und Tonschiefer des Unteranis, auf die im Oberanis der sogenannte „Zwischendolomit" folgt, im Graben noch etwas weiter hinauf, da erst etwa 250 m höher, in 1075 m Seehöhe, die Grenze Anis/Ladin vorliegt (STREHL, 1980) Damit dürfte das gesamte Anis eine Mächtigkeit von 450-500 m haben.
Wesentlich schlechtere Aufschlußverhältnisse liegen an der von den Bösen Gräben herabführende Schuttrinne vor (Abb.1), wo in der westlichen Rinnenböschung zwischen 700 und 730m Seehöhe skytische und anisische Gesteine anstehen. Die Aufschlüsse beginnen am Höhepunkt 700 (Österreichische Karte 1:25.000, Blatt 200/3 Gailitz) mit einer Abschiebung von Sandsteinen der Werfener Schichten über Quarzphylliten des Gailtaler Kristallins (STREHL, 1978). Darüber folgen rotbraune und graue Tonschiefer mit sandigen Einschaltungen. Etwa 200 m nördlich des Höhenpunktes 700 liegt in 725 m Seehöhe mit den ersten Auftreten von grauen und grauweißen, cm-gebankten Dolomiten über gelblichgrauen, feingeschichteten, glimmerführenden Tonschiefern und grauweißen, cm-gebankten Mergelsandsteinen die Grenze Skyth/Anis vor (analog zu COLINS & NACHTMANN, 1974:11 und NACHTMANN, 1975:49).
Über den Dolomiten stehen bis in 730 m Seehöhe cm- bis dm-gebankte grauweiße und graue Kalke an. Ein lithologischer Vergleich mit dem Profil im Kranzwand-Graben ist wegen der schlechten Aufschlußverhältnisse jedoch nur sehr eingeschränkt möglich. Abschliei3end ist festzustellen, daß das Unteranis am Dobratsch eine Periode ruhiger Sedimentation war. Zeitweise erfolgte diese in einem höher salinaren Lagunenbereich. Terrigene Einflüsse sind kaum zu erkennen.

LITERATUR:

ANDERLE, N. (1951): Zur Schichtfolge und Tektonik des Dobratsch und seine Beziehungen zur alpin-dinarischen Grenze. - Jb.Geol. B.-A. ,94: 195-236; Wien.

ANDERLE, N. (1977): Geologische Karte der Republik Österreich 1:50.000, Blatt 200, Arnoldstein.Geol.B.-A.; Wien..

BECHSTÄDT, T. (1978): Faziesanalyse permischer und triadischer Sedimente des Drauzuges als Hinweis auf eine großräumige Lateralverschiebung innerhalb des Ostalpins. - Jb.Geol.3.-A., 121, 1:121, Wien.

COLINS, E. & NACHTMANN, W. (1974): Die permotriadische Schichtfolge der Villacher Alpe (Dobratsch), Kärnten. - Geol. Paläont. Mitt. Innsbruck, 4, 2: 1-43; Innsbruck.

COLINS, E. & NACHTMANN, W. (1978): Geologische Karte der Villacher Alpe (Dobratsch), Kärnten. - Mitt.Ges.Geol. Bergbaustud. Österr., 25: 2:1-10, Wien.

NACHTMANN, W. (1975): Zur Sedimentologie des alpinen Muschelkalkes in den östlichen Gailtaler Alpen (Kärnten).Carinthia II, 165/85: 37-60; Klagenfurt.

PETERS, K. (1856): Die Umgebung von Bleiberg in Kärnten. - Jb. Geol.R.-A., Wien.

SCHRIEL, W. (1951): Der tektonische Rahmen der Bleiberger Erzlagerstätte in Kärnten. - N. Jb.Geol. Paläont., Abh., 93: 145-176; Stuttgart. 

STREHL, E. (1978): Zur Geologie der Südseite des Dobratsch (Villacher Alpe) in den östlichen Gailtaler Alpen, Kärnten. - Carinthia II, 168/88: 135-142; Klagenfurt.

STREHL, E., NIEDERMAYR, G., SCHERIAU-NIEDERMAYR, E: & PAK, E. (1980): Die Gipsvorkommen an der Südseite des Dobratsch (Villacher Alpe), Kärnten. - Carinthia II, 170/90; Klagenfurt.

STREHL, E. (1980): Ein bemerkenswerter Lavafund in der Mitteltrias des Dobratsch (Villacher Alpe), Kärnten. - Der Karinthin, 83.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

zurück....