Meixner H. / 1963

 

197. Auffallende Cerussit-xx von Bleiberg, Kärnten.

  Die Oxydationszonen der Blei -Zink -Erzlagerstätten von Bleiberg-Kreuth sind seit bald 200 Jahren bekannte Fundstätten oft schöner Cerussit-xx. überschaut man das einschlägige Schrifttum, so ist festzustellen, daß sich nur wenige Autoren mit diesem Mineral aus seinem wichtigsten Kärntner Fundgebiet beschäftigt haben. Bisher liegen folgende etwas eingehendere Angaben über Bleiberger Cerussit-xx vor: F. MOHS -W. HAIDINGER, 1825: Ein zyklischer Drilling mit m(110), b(010), i(021), x(012) und p(111) ( = GOLDSCHMIDT-Atlas,2, 1913, Taf. 159, Fig. 19).

C. F. PETERS, 1861; Kristalle der einfachen Kombination z(041) und p(111); an kleinen Kristallen auch mit i(021) und b(010).

V. v. ZEPHAROVICH, 1878: Durchkreuzungszwillinge tafeliger Kristalle der einfachen Kombination b(010), r(130), m(110), p(111), x(012) ( =GOLDSCHMIDT-Atlas, 2, 1913, Taf. 172, Fig. 215). Zur Klagenfurter Tagung im Herbst 1961 brachte mir Berginsp. Dipl.-Ing. F. JEDLICKA {Bleiberg) einige sehr hübsche Stufen, zu . jenen er mir auf meine Bitte folgenden Fundbericht zur Verfügung stellte:

"Zu Beginn des letzten Krieges hatten wir in der Grube Stefanie 5. Lauf, nördlich vom Schacht, im Zuge eines karbonatischen Abbaues c: einen Hohlraum angefahren, der mit prachtvollen Wulfeniten ausgestattet war. Trotz Absperrung des Abbaues mittels einer Tür, war diese " sogenannte, Greisenkammer in kürzester Zeit vollständig ausgeplündert. Zu Jahresbeginn 1961 wurde 40 m unter dem 6. Lauf dieser Erzzug unterfahren und angetroffen. Nach einigen Monaten tat sich wieder ein Hohlraum auf, in welchem ebenso schöne Wulfenite vorkamen. Anläßlich des Aufenthaltes meines Sohnes in Bleiberg, Anfang November dieses Jahres, befuhr er mit dem zuständigen Reviersteiger die erwähnte Greisenkammer, wobei er diese Kristalle fand".

Es schien sich zunächst um zweierlei Minerale zu handeln: braune, flächenarme, hexagonale oder pseudohexagonale Tafeln von Abmessungen bis zu 3 X 9 mm, die teilweise von einem wasserklaren, hoch lichtbrechenden, flächenreichen Kristall umwachsen waren; bei näherem Studium waren am "Kernkristall" und am "Hüllkristall" einige gemeinsame Flächen festzustellen und die optische Untersuchung ergab, daß beide Teile Cerussit sind, wobei die ältere tafelige Habitusform eine dünne Limonithaut erhalten hat, bevor die pyramidale Teilhülle zur Ausbildung gekommen ist. Es wurde keines der wenigen prachtvollen Exemplare geopfert, sondern die zweikreisige Vermessung am aufgewachsenen Kristallaggregat vorgenommen. Bei meist tadellosen Signalen wurden Winkelwerte c., des Cerussits erhalten, die von den theoretischen nicht oder meistens nur 1 -6 abwichen, so daß eine einwandfreie Indizierung möglich war.

Der tafelige, pseudohexagonale Kernkristall zeigt trachtbestimmend bloß c(001), m(110) und b(010) in gleichmäßiger Entwicklung, während a(100), y(102), i(021), k(011), x(012) und p(111) gerade angedeutet erscheinen.

Am klaren "Teilhüllkristall" treten weder c(001) noch a(100) , und y(102) auf, sondern bei diesem sind die Formen m(110), b(010), i(021) und p (111 ) kombinationsbeherrschend. Als kleine Flächen wurden noch k(011), x(012) und o(112) erkannt, während g(113) winzig ist. Am "Hüllkristall" ist aber klar zu sehen, daß ihm nicht nur ein teilweise fein lamellarer Aufbau zu Grunde liegt, sondern ein einspringender Zwickel kennzeichnet ihn auch makroskopisch als Zwilling. Der zwischen den Begrenzungsflächen des freien Zwickels gemessene Winkel entspricht nicht üblichen b :b-Werten von 62°46' oder 57°18' für Zwillinge nach m(110) bzw. r(130), sondern beträgt 58°40' ±2'! Nun findet man bei Cerussit 58°38' für φm = 010/110, woraus gefolgert werden kann, daß in unserem Falle b(010) und m(110) den Einsprung begrenzen. Unter der großen Zahl von Abbildungen des GOLDSCHMIDT-Atlas (2., .1913) weisen bloß die Fig. 444/445 auf einen solchen Fall, einen Zwilling nach r(130), den HUBRECHT, 1905 von Monteponi angegeben hat. Eingehendere goniometrische Messungen an den aufgewachsenen Kristallen und Dünnschliffe können mit dem spärlichen Material nicht erhalten werden, so daß die Art der Verzwillingung nicht endgültig geklärt werden konnte.

Da der Hüllkristall -auch von der feinen Lamellierung abgesehen -ein Zwilling ist, muß nach der strengen koachsialen Orientierung mit dem tafeligen Kernkristall (praktisch zusammenfallende Signale! ) auch dieser verzwillingt sein. Der feine limonitische Belag, der große Teile seiner Oberfläche überzieht, behindert genauere Beobachtungen, doch scheinen auf c (001), durch die Limonithaut sozusagen durchgepaust, auch eine gezackte Zwillingsnaht und die Begrenzungslinien des hier völlig ausgefüllten Zwickels angedeutet zu sein. Es sei noch erwähnt, daß auf einer Seite des Doppelkristalls ein m und das anschließende b gleichzeitig dem tafeligen und dem pyramidalen Kristall angehören, während die anderen Flächen des letzteren zwar streng parallel, doch eingerückt auftreten. Die Unterlage ist Bleiglanz; auf ihm ist die Tafel mit einer (110)-Fläche angewachsen, so daß der pyramidale Hüllkristall sich frei entwickeln konnte. Daneben sitzen unmittelbar auf dem Bleiglanz noch zahlreiche kleine, klare Cerussit-xx vom pyramidalen Typus. Der neue Fund liefert also neben einigen für Cerussit von Bleiberg neuen Flächen (a, y, k, o und g) vor allem den Nachweis von zwei Cerussitgenerationen, einer älteren tafeligen mit c, b, m und einer jüngeren pyramidalen mit b, m, i und p. (MEIXNER)

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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