Meixner H. / 1979

 

447. Durchsichtig-klare Wurtzitkügelchen von Bleiberg, Kärnten

  Bei der Herbsttagung 1977 erhielt ich von H. SCHERR (Feldkirchen) eine ganz eigenartige Stufe, die er kürzlich mit dem Fundort "Bleiberg, Stefanie, 4. Lauf" bekommen hatte.

Auf farblosen kleinen Kalzit-xx, welche die Kombination von m(1010) und e(0112) etwa im Gleichgewicht zeigen, sitzen zahllose, stark glänzende, gelbliche, durchsichtige Kügelchen von 0,05 bis 0,5, vereinzelt knapp 1 mm Durchmesser; stellenweise sind Anhäufungen nach Art einer Brombeeroberfläche vorhanden. Der Farbe nach konnte man an hellgefärbten Schwefel, der Form nach an Glasopal (Hyalith) denken.

Die optische Untersuchung im Pulverpräparat ergab Anisotropie mit sehr deutlicher Doppelbrechung, hohe Lichtbrechungen, bedeutend über 2,10, radialen Faserbau mit nγ, in der Längsrichtung. Unter gekreuzten Nicols liefern die Kügelchen das Interferenzkreuz der Fasersphärolithe (BREWSTERS Kreuz). Alle diese Beobachtungen ließen nur den Schluß auf einen Wurtzit (ß-ZnS) zu. Im Schrifttum ist mehrfach hervorgehoben worden, daß sich Wurtzit, zum Unterschied von Zinkblende, leicht unter H2S-Entwicklung in kalter konz. HCl löst. Dieses Verhalten ergeben auch unsere Wurtzitkügelchen von Bleiberg. Zn ist außerdem qualitativ chemisch und mittels Röntgenfluoreszenz festgestellt worden. Das Pulverdiagramm paßt nach Mitteilung von Frau Dr. E. KIRCHNER (Salzburg) eher, aber keineswegs genau, zu Zinkblende.

Aus den Tabellen von H. STRUNZ, 1977, S.118, ist z. B. zu ersehen, daß es bei Wurtzit etwa zehn polytype Strukturvarianten des ß-ZnS gibt, hexagonale (Kl. 6 m: 2 H, 4 H, 6 H, 8 Hund 10 H) sowie rhomboedrische (Kl. 3 m: 3 R, 9 R, 12 R, 15 Rund 21 R). Eine Reihe davon sind von S. HAUSSÜHL und G. MÜLLER, 1963/64, entdeckt und beschrieben worden, die häufig und verbreitet in tonig-mergeligen Liasund Dogger-Sedimenten Norddeutschlands in maximall bis 2 mm großen Kristallen gefunden werden konnten. Die Zuordnung zum Polytyp ergibt sich a) aus der Kristallmorphologie ( c/ a), b) aus Drehkristallaufnahmen der Kristalle, bei denen die Zahl der Schwefel- bzw. Zinkschichten in Perioden längs der Z-Achse aus (hol)-Reflexen abgelesen werden können. Voraussetzung dafür sind orientierbare Kristalle, wozu unsere Kügelchen natürlich nicht ohne weiteres geeignet sind. Zur Klärung übersandte ich Material an Koll. S. HAUSSÜHL (Köln), der es an Dr. K. REICHELT (Institut für Festkörperforschung in Jülich) für Elektronenbeugungsaufnahmen weiterreichte. Nach dessen Mitteilung wurden die Kügelchen "gemörsert" und bei den Aufnahmen wurde wiederum Zinkblende erhalten. Nach Mitteilung von Koll. St. GRAESER (Basel) ist dies keineswegs verwunderlich, da nach seinen Erfahrungen beim Pulvern Wurtzitgitter in Zinkblendegitter übergehen, woraus die diesbezüglichen Ergebnisse von E. KIRCHNER und K. REICHELT erklärt werden können. Koll. GRAESER will nun mit Splittern der Kügelchen direkt versuchen, den Polytyp festzustellen und damit unser Problem zu lösen.

Der Bleiberger Wurtzit leuchtet im kw. und lw. Ultraviolett intensiv schwefelgelb, mit der Langwelle beträchtlich stärker.

Die hier von Bleiberg beschriebene Ausbildung des Wurtzits in durchsichtigen, schwefelgelben Kügelchen ist zweifellos für dieses Mineral recht ungewöhnlich, aber bei der Suche nach vergleichbaren Vorkommen habe ich doch bei C. HINTZE, 1904, S. 597, einen Hinweis gefunden: "Ungarn. Auf großen, dicken Antimonit-Krystallen von Felsöbinya zuweilen schwefel-bis orangegelbe Aggregate sehr kleiner Wurtzitkügelchen, durch Umwandlung des Antimonits entstanden (LASPEYRES, Groths Ztschr., 9., 186)". Beim Studium der Originalbeschreibung von H. LASPEYRES, 1884, S. 186ff., wird das obige Zitat verständlicher. Die Wurtzitkügelchen des siebenbürgischen Vorkommens müssen den unseren in Größe und Aussehen völlig geglichen haben, die Beweisführung zur Bestimmung ist für die damalige Zeit eindeutig. Die Kügelchen haben aber einesteils größere Antimonit-xx überwachsen, doch nach LASPEYRES ausführlichen Angaben Antimonit-xx auch metasomatisch verdrängt und in Randteilen ersetzt.

In Bleiberg ist dieser Wurtzit tauf den beschriebenen Kalzit-xx eine sicher niedrigthermale Abscheidung der Vererzung und ich möchte diesen Mineralfund als den interessantesten aus jüngster Zeit aus dem Bleiberger Lagerstättenbereich bezeichnen. Mehr Untersuchungsmaterial davon aufzutreiben wäre wünschenswert! (MEIXNER)

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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