Puttner M. / 1997

 

Chromatit-Kristalle auf Bleiberger Wulfenit - ein natürliches Vorkommen von CaCrO4

Von Manfred PUTTNER

Mit 3 Abbildungen und 2 Tabellen

Zusammenfassung:

Violette, tafelige Kriställchen, die auf Wulfenit (einmal auch auf Baryt) aus der Grube Stefanie der Blei-Zink-Lagerstätte Bleiberg-Kreuth aufgewachsen sind, wurden REM/EDS-analytisch als Calciumchromat - Chromatit erfasst. Calciumchromat als natürliches Vorkommen ist aus Jordanien bekannt (Typlokalität).

Summary:

Violet, tabular crystals on a matrix of wulfenite (once on barite) from the Stefanie mine in the Bleiberg-Kreuth lead-zinc deposit have been identified by SEMIEDX analyses as chromatite. Chromatite is known as a natural occurence in Jordan (type locality).

ÜBERBLICK

Im Blei-Zink-Bergbau Bleiberg-Kreuth traten auf dem 13. Lauf der Grube Stefanie vortreffliche Mineralbildungen, insbesondere prächtige Kristalle von Wulfenit und Hemimorphit, auf. Als Besonderheiten wurden darüber hinaus Fraipontit und Descloizit vorgestellt (NIEDERMAYR et al. 1987 und 1988). Ein erfahrener und gefälliger Knappe, der in der Grube Stefanie arbeitete Herr Rudolf FRAISSLICH aus Hüttendorf -, schenkte im September 1987 dem Verfasser Mineralproben. Dafür sei ihm bei dieser Gelegenheit nochmals gedankt! Sie stammten sowohl vom 13. Lauf, Schachtscholle, als auch vom 13. Lauf, Konradi. Diese durchwegs schönen Sammlungsstücke führten zum einen Fraipontit, Wulfenit, Baryt, Cerussit, Galenit, Hemimorphit und etwas Hydrozinkit oder aber Fraipontit und Hemimorphit allein zum anderen Descloizit, Wulfenit, Baryt, Cerussit, Galenit und (wiederum) Hemimorphit. Letzterer scheint in der oben zitierten Literatur weder in Verbindung mit dem Fraipontit noch mit dem Descloizit auf. Damit sind nun auch vielfältigere Mineralgesellschaften belegt. Auf zwei Mineralstufen war indessen etwas Neues zu beobachten: idiomorph entwickelte, dünntafelige violette Kriställchen; aufgewachsen auf tafeligem, dunkelgelbem Wulfenit über Barytmatrix. Ein violettes Täfelchen sitzt auf einem Baryt-Kristallstock. Das Ausmaß der Kriställchen beträgt ca. 0,06 mm Kantenlänge und 0,01 mm Höhe. Sie können unregelmäßig oder subparallel miteinander verbunden sein, aber auch als Einzelkristalle die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie sind nach (001) dünntafelig entwickelt und zeigen neben der Basisfläche c {001} nur die Prismenflächen 110). Die Tafelflächen sind matt, die Farbverteilung des Violetts ist ziemlich gleichmäßig. -Abgesehen von zwei Kurznotizen über solche violette Kriställchen aus der Grube Stefanie, wonach die Zuordnung zu einer der Mineralarten nicht möglich gewesen war (HEPPNER 1986 a und 1986 b), erinnert im Schriftgut nichts mehr daran.

ANALYSE UND ERGEBNIS

Ein violetter, tafeliger Kristall (aufgewachsen auf Wulfenit) wurde mittels Raster-Elektronenmikroskop und energiedispersiver Röntgenspektroskopie am Institut für Werkstoffwissenschaften und Fertigungstechnik der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, untersucht (Analysenergebnisse: Abb. 1 und Tab. 1). Für die Elementanalyse und die Identifizierung des Minerals wird Herrn Dr. Thomas RABER gedankt! -Fachbegriffe wie REM (SEM), EDS(EDX-)Spektrum, Mikrosonde, WDS (WDX) sowie das Verfahren bei Mikroanalysen mit der EDS-(EDX-)Sonde am Raster-Elektronenmikroskop finden wir bei RABER (1996) erklärt.

Messung: EDX (ZAF- Korrektur), interner Standard, 20 keV, unbedampft; halbquantitative Analyse, ohne Berücksichtigung von Sauerstoff,

Chemische Zusammensetzung in Atomprozent [%]

Cr          Mo        Pb        Ca        Ba        S        Al        Si      Sr

50.72     3.59     1.83     27.62    1.37    5.34    2.70    3.41    3.41

Tabelle 1: Chemismus vom Chromatit aus Bleiberg-Kreuth, Kärnten. Die Hauptbestandteile des vermessenen Kristalls sind Calcium und Chrom (verständlicherweise auch Sauerstoff). Es handelt sich daher um ein Calciumchromat. Als solches ist nur der Chromatit -CaCrO4 -bekannt. Die übrigen Elementgehalte sind die durchaus zu erwartenden, geringen Beimengungen anderer Elemente, zum Beispiel Schwefel (in Form von Sulfat). Blei und Molybdän dürften vom Wulfenit-Untergrund stammen. Für eine Diffraktion sind die Täfelchen bei weitem zu klein. Die REM-Videoprints der violetten Kriställchen entsprechen dem tetragonalen Habitus des Chromatits (Abb. 2 und Abb. 3). Wie wir darauf sehen, verursachte der Wulfenit-Untergrundkraft seines hohen Bleigehaltes einen sehr starken Kontrast zum untersuchten (unbehandelten) Material. Bleiberg ist hiermit die erdweit zweite Lokalität für natürlichen Chromatit. Was das Element Chrom anbelangt, ist dieses nach spektral- und fluoreszenzanalytischen Untersuchungen als Spurenelement in der Lagerstätte Bleiberg-Kreuth vor allem in den bituminösen, aber auch den tonhältigen Gesteinen (Onkolithbank, Carditaschiefer, Cardita- und Hauptdolomit) enthalten. Für die sekundären Mineralbildungen Wulfenit, Descloizit und Vanadinit sind Cr-Spurengehalte (in g/t) von <1-100; 500-1.000 und 300 angegeben; im einzelnen für den Descloizit von der Legatenwand 0,1% und von der Rauchfangwand 0,05% ; für den Vanadinit von der Grube Alt-Stefanie 0,03% Cr {SCHROLL 1953 und t986). Auf Chrom im Wulfenit weisen überdies ältere Bezeichnungen wie "Chrommolybdaterz" und "Chrommolybdatbleispat" hin. Die gelbe bis rötliche Färbung von Wulfeniten dürfte hauptsächlich fußen auf geringen, wechselnden Chromgehalten, wobei die Farbe bei höheren Cr-Anteilen kräftiger wird. Farblose Wulfenite hingegen sind so gut wie chromfrei. Ob an der Farbgebung über Chrom hinausgehend womöglich andere Spurenelemente beteiligt sind, bedarf weiterer Klärung. Spektralanalysen und chemische Bestimmungen ergaben bei Wulfenitproben aus Bleiberg, Dirstentritt bei Nassereith (Nordtirol) und Mieß (Slowenien) stets geringe Cr-Gehalte, nämlich zwischen 0,001 und 0,1 %. Der dabei für die Bleiberger Wulfenite ermittelte Prozentanteil lag bei < 0,01 (vgl. Tabelle 2).

Bergbau                           Mineralfarbe                      Cr %

Bleiberg, Stefanie               farblos                        < 0,0001

Bleiberg, Stefanie               hellgelb                          0,003

Bleiberg, Friedrich              grünlich                          0,001

Bleiberg, Stefanie               rötlichgelb                      0,006

Bleiberg, Sonnseite             hellgelb                          0,003

Mieß                                  gelbbraun                       0,01

Dirstentritt                         weinrot                           0,05

  Tabelle 2: Spurengehalte von Chrom in Wulfenit-Proben; nach SCHROLL (1953).

Auch der Wulfenit, auf dem die Chromatit-Kristalle aufgewachsen sind, wurde abgerastert. Die qualitative EDX-Analyse registrierte die Elemente Pb, Mo und 0; die halbquantitative EDX-Analyse eine chemische Zusammensetzung von 40,68% Pb und 59,32% Mo (in At-%). Allenfalls vorhandenes Cr als Spurenelement liegt unter der Nachweisgrenze dieses Verfahrens. Die Existenz von Chromatit bezeugt, daß das Element Chrom in der Lagerstätte Bleiberg-Kreuth nicht alleinig in Spuren vorhanden ist, sondern sogar mit 50,52 At% die Hauptkomponente eines Minerals bilden kann.

Zur Typlokalität in Jordanien:

Bei geologischen Geländeaufnahmen der Deutschen Geologischen Mission in Jordanien fand man ein zitronengelbes, feinkristallines Mineral auf Kluftflächen in oberkretazischen Kalken und Mergeln an der Straße Jericho Jerusalem. Es trat als Kristallrasen zusammen mit Gips auf. Die Größe der Einzelkristalle betrug zwischen 30 und 100 vm. Die Analyse des Materials ergab CaCrO4, das somit erstmals in der Natur aufgespürt worden war. Vergleichsweise erfolgten Paralleluntersuchungen an synthetischem Calciumchromat. Das neue Mineral, das tetragonal kristallisiert, wurde nach seiner chemischen Zusammensetzung als Chromatit benannt (ECKHARDT und HEIMBACH 1963). Die Kristallstruktur des CaCrO4 ist nach CLOUSE (1932) isotop dem Zirkon. An der Zirkonverbindung Chromatit, die zu Mischkristallbildungen mit Scheelitverbindungen tendiert, wurden experimentelle Untersuchungen durchgeführt. Hierzu wird als weiterführende Literatur über die Kristallchemie auf BAYER (1978) verwiesen

LITERATUR:

BAYER, G. (1979): Zur Kristallchemie des Zirkons und des Scheelits. Schweiz. mineral.-petrogr. Mit t., 58: 111-126.

CLOUSE, J. H. (1932): Investigations on the X-Ray Crystal Structures of CaCrO4, CaCrO4.H2O and CaCrO4.2H2O. - Zeitschr. f. Kristallographie, 83: 161-171.

ECKHARDT, F. J. und W. HEIMBACH (1963): Ein natürliches Vorkommen von CaCrO4 (Chromatit). - Die Naturwissenschaften, 50: 612.

HEPPNER, S. (1986 a): Der Naturfreund und Mineralsucher in Kärnten. Der Aufschluss, Aktuell Drehscheibe, 37, 2: 4-5.

HEPPNER, S. (1986 b): Mineral-Suche in Kärnten. - Der Aufschluss, Aktuell, 37 ,3:13-16.

NIEDERMAYR, G., F. BRANDSTÄTTER, B. MOSER und W. POSTL (1987): Neue Mineralfunde aus Österreich XXXVI. - Carinthia II, 177./97.: 287.

NIEDERMAYR, G., F. BRANDSTÄTTER, B. MOSER und W. POSTL (1988): Neue Mineralfunde aus Österreich XXXVII. - Carinthia II, 178.198.: 184-186.

RABER, Th. (1996): Mineralbestimmung per REM und EDX-Analyse. - Lapis, 12: 21-25.

SCHROLL, E. (1953): Über Minerale und Spurenelemente, Vererzung und Entstehung der Blei-Zink-Lagerstätte Bleiberg-Kreuth in Kärnten in Österreich. - Mitt. österr. Min. Ges., Sh. 2,60 S.

SCHROLL, E. (1986): Franz Xaver Freiherr von WULFEN -200 Jahre Wulfenit. - Mitt. österr. Miner. Ges., 131: 121-128.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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