Kostelka L. / 1965                                                                                                 Textauszug

 

Eine genetische Gliederung der Blei-Zinkvererzungen südlich der Drau

LUDWIG KOSTELKA

Mit 2 Abbildungen, davon eine Beilage

Die Kalkalpen südlich der Drau (Karawanken im Osten und Gailtaler Alpen bis Lienzer Dolomiten im Westen) stellen einen Gebirgszug von rund 200 km Länge dar. Auf diese Erstreckung sind -je nach gegenseitiger Abgrenzung -an die 66 Vorkommen von Blei-Zinkerzen bekannt. In den ladinischen, karnischen und vielleicht auch in den untersten norischen Schichten liegen etwa 56 Vorkommen, in den anischen Kalken rund zehn. Es käme daher ,in den ladinischen Camgiten auf etwa je 3,6 km –O-W-Erstreckung ein Vorkommnen, während die einzelnen, meist auch sehr kleinen, Praktisch bedeutungslosen Lagerstätten in den anisischen Schichten durchschnittlich 20 km voneinander entfernt wären. Die tatsächliche räumliche Verteilung zeigt Bereiche, in denen sich die Vorkommen häufen, während in anderen Abschnitten auf lange Erstreckung keine Blei-Zink-Erzführung bekannt ist.

Die anisischen Vorkommen sollen hier nicht weiter behandelt werden. Eine exakte Bearbeitung dieser auf die ganze Erstreckung der Drau-Kalkalpen verteilten Lagerstätten ist zwar geplant, konnte jedoch bis jetzt noch nicht durchgeführt werden.

Die Beobachtung, daß die westlich von Bleiberg liegenden Pb/Zn-Vorkommen Tscheckelnock und Mitterberg in stratigraphisch über dem Wettersteinkalk liegende Horizonte aufsteigen, hat HOLLER bereits 1950 erkannt. Von der früheren Erklärung, daß dieses Aufsteigen in jüngere Einheiten mechanisch zu erklären sei und seinen Grund in der synkinalen Faltung, und den dadurch entstehenden Zerrzonen über den Cardita-Tonschiefern hätte, ist HOLLER -nach mündlichen Mitteilungen -wieder abgekommen.

Befahrungen im Jahre 1962 und 1963 im Bereiche der Jauken, im Westen der Gailtaler Alpen und im Bergbau Mezica haben mir Beobachtungen erlaubt, deren gedankliche Weiterentwicklung Gegenstand dieses Aufsatzes ist.

Im Bergbau Mezica werden derzeit Vererzungen im Wettersteinkalk bis 600 m stratigraphischer Entfernung unter dem Carditaschiefer abgebaut und die Erzführung geht noch in die Sohle. Diese Vererzung ist ein besonderer Typus, dessen Form und Aussehen zu Schlußfolgerungen herausfordert.

Wie im Bild, das mir freundlicherweise vom Bergbau Mezica zur Verfügung gestellt wurde, zu erkennen ist, handelt es sich um eckige Bruchstücke von Wettersteinkalk und zerbrochenes, sogenanntes Bodenerz (nach W. SIEGL). Diese Bruchstücke sind mit Kalkdetritus, der Bleiglanz und Zinkblende führt und reichlich Kalkspat aufweist, wieder verkittet worden.

Entscheidend jedoch ist, daß diese Vererzung zwar in der Fortsetzung des sogenannten Unionluftsystems gegen das Liegende zu auftritt, wohl auch eine deutliche Längserstreckung in der Richtung dieser Störungszone aufweist (Nord=Süd), selbst aber an keine Störung gebunden ist.

Das Unionkluftsystem ist auf eine vertikale Erstreckung von rund 550 m bekannt und vom hangenden Wettersteinkalk bis in dessen liegenden Bereichen erzführend. Während jedoch dieses Kluftsystem in den oberen Horizonten aus einer Reihe scharfer Bewegungsklüfte besteht, handelt es sich bei den Vererzungen auf dem derzeit tiefsten Horizont (rd. 370 m SH) um einen scharfkantig zerbrochenen Kalk, der Anlagerungsgefüge aufweist (Bodenerz) und dessen Bruchstücke dann bei einer gleichsinnigen, wahrscheinlich längere Zeit andauernden Stoffzufuhr auch mit Erz verkittet wurden. Es sind daher alle Merkmale eines sogenannten Aufstiegskanals der Vererzung vorhanden, gleichzeitig aber der Hinweis auf eine rhythmisch-feinschichtige Anlagerung (Bodenerz) gegeben, deren Entstehung sowohl extern als 3um intern sein kann. Diese Untersuchung wäre im allgemeinen sehr interessant, ist jedoch für die hier angestellten Überlegungen nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Ein Vorkommen von grünem Ton, das in einiger Entfernung von der Vererzung bekannt ist, wurde im Zuge einer diesbezüglichen umfangreicheren Arbeit zusammen mit W. SIEGL, Leoben, von diesem untersucht, ohne daß ein eindeutiger Beweis für Tuff gefunden werden konnte.

Diesem Befund in Mezica, im äußersten Osten des Drauzuges. stehen Beobachtungen gegenüber, die im äußersten Westen dei Gailtaler Alpen, an der Jauken, ein davon ganz verschiedenes Bild ergaben. Im Bereich der Jauken, westlich des triadischen Riffes des Reißkofels, ist die fazielle Ausbildung der Schichten teilweise anders als östlich des Riffes. Es ist zu erwarten, daß in dem mit der Riffazies verzahnten Ostabschnitt der Jauken verschiedene Horizonte fehlen. Es ist aber ebenso wenig zu übersehen, daß im westlichen Teil der Jauken -zumindest auf deren Nordseite -alle drei Cardita-Tonschiefer mit den marakteristischen Zwischenhorizonten, sogar mit verschiedenen Einzelheiten, wie z. B. der Groboolithbank als Unterkante des dritten und obersten Tonschiefers, vorhanden sind.

Bemerkenswert und von dem Typus im Osten sehr verschieden entwickelt, sind jedoch die Schichten ober dem dritten schiefer. Es sind dies die 400-500 m mächtigen, plattigen, gut geschichteten bis gebankten Kalke der Gipfelpartie der Jauken. In diesen Kalken liegen rd. 500 m über dem 1. Carditaschiefer, an schichtflächen gebunden, die Vererzungen, die seinerzeit Anlaß zu einem regen Bergbau waren.

Diese vererzten Kalke wurden seinerzeit, im ersten Dezennium unseres Jahrhunderts, von G. GEYER wegen ihrer Erzführung als überschobener Wettersteinkalk aufgefaßt, wobei außerdem einige tektonische Wiederholungen der erzführenden hangenden Wettersteinkalkschichten auftreten sollten. GEYER war der Überzeugung, daß Blei-Zinkerz führende Gesteine entweder nur anisische oder ladinische Kalke sein könnten; er war daher gezwungen, die Gipfelfelsen der Jauken als Wettersteinkalk anzusehen. Er stand daher mit R. CANAVAL in heftigem Gegensatz, der nicht nur für die Jauken, sondern für die Kalkalpen des Dranzuges allgemein das Vorhandensein von stratigraphisch voneinander getrennten Cardita-Tonschiefern vertrat. HOLLER hat diese Meinungsverschiedenheit eindeutig geklärt und durch sein bekanntes Carditaprofil die Auffassung R. CANAVAL's bestätigt.

Ob die Trägerschichten der Vererzung der Jauken schon norisches Alter haben oder noch dem Karn zugerechnet werden müssen, ist ein paläontologisches Problem, dessen Bearbeitung hoffentlich bald erfolgen kann, das aber für unsere Überlegungen zunächst belanglos' ist. Jedenfalls beginnt bereits hier die von SCHLAGER westlich des Gailberg-Sattels beobachtete Entwicklung mächtiger Plattenkalke in der mittleren Trias.

Diese zwei Beobachtungen an Vererzungen im äußersten Osten der Karawanken, in Mezica und im Westen der Gailtaler Alpen drängten förmlich die Annahme auf, daß die extremen stratigraphischen Stellungen der Vererzungsunterkanten der beiden Lagerstätten die Endpunkte einer Reihe darstellen, in die sich die dazwischen liegenden Vorkommen einordnen lassen, daß also im Zuge der Drau-Kalkalpen eine gesetzmäßige Abhängigkeit der stratigraphischen Stellung der Vererzung von der geographischen Lage des jeweiligen Vorkommens in der Ost-West-Richtung besteht. (Abbildung)

Wenn man die markanteste lithologische Grenzlinie, die Unterkante des liegendsten karnischen Tonschiefers als Nullinie annimmt, ergibt sich ein deutliches Ansteigen der Vererzung gegen Westen in bezug auf deren stratigraphische Bindung. (Abbildung 2)

Die Voraussetzung für den Bezugshorizont war beim ersten Cardita Tonschiefer am besten, weil dieser Horizont -mit Ausnahme in den Riffbereimen -überall bekannt ist und auch am besten aufgeschlossen ist.

Es fällt jedoch auf, daß sich nicht nur das stratigraphische Stockwerk ändert, in dem die Vererzung auftritt, sondern auch einige andere Unterschiede vorhanden sind, wodurch eine gewisse Gliederung möglich wird. Für die Vorkommen im Osten, in den Karawanken,. ist hervorzuheben:

1. Die Vererzung ist fast ausschließlich auf den Wettersteinkalk beschränkt. Nur unbedeutende Vorkommen sind in den Schichten über dem Wettersteinkalk bekannt: Es ist 'bezeichnend, daß die einzige, seinerzeit abgebaute, aber schwache Vererzung dieses Alters im westlichsten Vorkommen der Karawanken, in Windisch-Bleiberg, auftritt.

2. Die an Klüfte gebundenen Vererzungen überwiegen, sie spielen auch eine große praktische Rolle.

3. Die Vererzungsdichte ist relativ hoch, sie ergibt sich aus 34 Vorkommen bei 95 km Längserstreckung mit je 2,7 km durchschnittlichem Abstand der Lagerstätten voneinander.

4. Die Vererzungen sind im Durchschnitt bleireich; Eine Untersuchung, ob die Spurenelemente charakteristische Veränderungen aufweisen, wird gleichzeitig angeregt. Ob es ein Zufall ist, daß z. B. das Arsen in der Zinkblende und im Bleiglanz gegen Westen abnimmt, muß durch neue Analysen geklärt werden. Jedenfalls treten Vanadium- und Molybdänmineralien im wesentlichen nur in den Karawanken und im Bereich von Bleiberg, nicht aber wesentlich davon auf.

Die Lagerstätten in den Gailtaler Alpen westlich von Bleiberg hingegen zeigen:

1. Vererzungen vorwiegend zwischen oder sogar über den Carditaschichten, die in der Jauken mit einigen Hundert Metern über den karnischen Tonschiefem ihre größte Vertikalentfernung von diesen erreimen.

2. Die Kluftvererzungen treten zurück und gegen Westen gewinnen an Schichtflächen gebundene Vererzungen eine steigende Bedeutung.

3. Die Vererzungsdichte im Raume Bleiberg zunächst ausklammernd, ergibt sich für die westlichen Gailtaler Alpen eine sehr geringe Vererzungsdichte, auf 65 km 8 Lagerstätten, d. h. je rund 8 km ein Erzvorkommen.

4. Die Zinkblende nimmt gegen Westen in der Verteilung der beiden Metallkomponenten deutlich zu; Vanadiummineralien sind westlich der Bleiberger Lagerstättengruppe nicht bekannt. Wulfenit kommt nur mehr in mineralogischen Spuren vor (z. B. Jauken).

Der in Ausübung seines Berufes verunglückte Geologe ZORC hat richtig beobachtet, als er sagte, daß in Bleiberg die Vererzung in den karnischen Vorkommen zinkreicher wäre als die Erzführung im Wettersteinkalk. Diese charakteristische Metallverteilung hängt nur insoferne mit der stratigraphischen Bindung zusammen, als dies eine Funktion der O-W-Position des Vorkommens ist. Westlich von Bleiberg wird die Zinkblende-Vorherrschaft: noch deutlicher.

Gleichzeitig soll hier eine Beobachtung angeführt werden, die zwar nicht begründet werden kann, sich aber bisher überall bestätigt hat. Wenn Vererzungen in den Hangendschichten nur aus Bleiglanzflecken auf den Spaltrissen des meist dolomitischen Gesteins bestehen und keine Zinkblende auftritt, sind diese Vorkommen immer arm und haben praktisch in keinem Falle eine Bedeutung erlangt. Möglicherweise handelt es sich daher um sekundäre, jung gesproßte PbS-Kristalle. Eine Untersuchung wird durchgeführt werden.

Zwischen diesen beiden Lagerstättentypen, von denen einer für die Karawanken, der andere für die westlichen Gailtaler Alpen charakteristisch ist, liegt sowohl geographisch als auch in der Ausbildung, die Lagerstättengruppen von Bleiberg und mit großem Vorbehalt -die Lagerstätte Raibl.

Bleiberg nimmt in der stratigraphischen Stellung der Vererzungen und in der Art des Auftretens der Erze eine Mittelstellung ein. In Bleiberg treten sowohl im liegenden Wettersteinkalk Vererzungen auf, gleichzeitig erreichen hier aber auch Vorkommen im Carditaniveau ihre östlichste, größere bergbauliche Bedeutung. Kluft-, aber auch flächengebundene Vererzungen sind sehr verbreitet. Ein im Jahre 1962 in Rubland {nördlich von Bleiberg) erschlossenes, über dem 3. Schiefer liegendes, armes Vorkommen von vorwiegend Zink und Pyrit beweist, daß auch schon in dieser Ost-West-Position noch höhere Stockwerke erzführend sein können.

In diesem Zusammenhang ist interessant, daß in Raibl, das bezogen auf eine ideale Längsachse des Drauzuges, fast genau im gleichen Meridian wie Bleiberg liegt {nur 8 km westlicher), Vererzungen vom unteren Ladin bis in die Carditaschichten hinein bekannt sind. Nach m COLBERTALDO reichen die Vererzungen 600 m in den ladinischen Kalk hinunter, also noch weiter als dies in Mezica bekannt ist und außerdem bis 800 m in die Gesteine der Raibler Schichten hinaus. Nach einer mündlichen Mitteilung der Geologen MONCH .und ROMAGNOLI kann man nur in den liegendsten :{00 m der Raibler Schichten von einer Vererzung sprechen. Ob nun 700 m oder 2400 m Sediment erzführend sind, ist nur von sekundärer Bedeutung, jedenfalls ist dies die Vererzung im Drauzug, die die größte stratigraphische Höhe umfaßt. Nur am Rande sei bemerkt, daß die höheren Schichtmächtigkeiten im Bereich von Raibl vielleicht mit dem hier häufiger feststellbaren Vulkinismus insoferne zusammenhängen könnten, als nach einer mündlichen Mitteilung -durch verschiedene Sedimentologen festgestellt worden ist, daß die Sedimentationsgeschwindigkeit, auch kalkiger Ablagerungen, unter dem Einfluß von submarinen vulkanischen Vorgängen zunimmt. Das Ausmaß von Stoffwanderungen nach und während der Diagnese könnte vielleicht ebenfalls damit in mittelbarem Zusammenhang stehen.

Das Bleiberg am östlichsten Ende der Gailtaler Alpen eine ernte Grenzstellung zwischen den beiden Vererzungstypen einnimmt, bestätigt sich auch in fazieller Hinsicht und das gibt einen Hinweis auf die Problematik. Bleiberg gehört nämlich faziell zu den Karawanken. Bleiberg ist der westlichste Bereich, in dem die seinerzeit von HOLLER beschriebene, später "Sonderfazies" benannte, typische Ausbildung des hangenden Wettersteinkalkes bekannt ist, die wir zwar von Mesica, Eisenkappel und auch von Windisch-Bleiberg kennen, aber nirgendwo aus dem Gebiet westlich von Bleiberg.

Es scheint daher dieser Umstand auf geänderte Bedingungen im Sedimentationsraum westlich von Bleiberg hinzuweisen, die eine gewisse Faziesänderung oder auch einen anderen Vererzungstypus bringen. Nördlich von Bleiberg äußert sich diese Faziesänderung, wie SCHRIEL und HOLLER gezeigt haben, sowohl im oberen, als auch im mittleren bis unteren Ladin, wo die in den Karawanken fast unbekannten Partnachschichten und im oberen Ladin dunkle; Plattenkalke bis Dolomite auftreten. Nur südlich des Wettersteindolomitrückens (zwischen Rubland und Bleiberg) liegen helle Kalke im Ladin, die aber nur 9° m mächtig sind und dann gegen das Liegende in dunkle Plattenkalke übergehen.

In dem Bereich von Bleiberg gegen Westen bis zum Reißkofel werden -soweit wir bisher wissen -die Erzvorkommen immer kleiner und die Abstände zwischen den einzelnen Vorkommen, die meist in den Hangendschichten des Wettersteinkalkes liegen, immer größer. Hier scheint sich die andersartige Ausbildung der anisischen und ladinischen, möglicherweise auch der karnischen Schichtglieder östlich des Reißkofels auszuwirken. Ein eingehender lithologischer und auch paläontologischer Vergleich der einzelnen Faziesbereiche in der O-W-Erstreckung der Drau-Kalkalpen wäre auch im Zusammenhang mit der Vererzung wesentlich. Im Gegensatz zu amerikanischen Beispielen ist von Vererzungen an den Flanken des Reißkofelriffes nichts bekannt geworden.

Westlich des Reißkofelriffes, besonders westlich des Gailbergsattels, findet sich ein stratigraphisches Profil, das besonders im Bereich Ladin-Karn insofern eine Eigenheit aufweist, als hier teilweise sowohl ober, als auch unter den Carditaschichten Plattenkalke ausgebildet sind, die nur durch die drei Tonschiefer des Karn, deren lokales Fehlen van BEMMELEN zur Schaffung des Begriffes "Jaukenkalk" bewogen hat, in ein ladinisches unteres und ein norisches, oberes Stockwerk geschieden wird. Lithologisch ist mit einer allerdings sehr bemerkenswerten Ausnahme kein Unterschied. Diese Ausnahme besteht jedoch bezeichnenderweise darin, daß im Bereich des Gailbergsattels, besonders aber westlich davon, von SCHLAGER jun. ausgedehnte, sedimentäre Breccien im norischen Plattenkalk festgestellt wurden. Ob das Auftreten von Vererzungen westlich des Reißkofelriffes, in der Jauken und am Hochstadel, hoch in den Plattenkalken, unter der sedimentären Breccie, mit dieser in einem ursächlichen Zusammenhang steht, ist nur eine ungewisse Hypothese, die allerdings auf Grund von Beobachtungen in Rubland und Mitterberg nicht ganz unberechtigt zu sein scheint.

Aus diesen Beobachtungen und gedanklichen Ergänzungen ergeben sich Folgerungen in mehrfacher Hinsicht:

a) genetisch:

Neben .einer Reihe von anderen. Gründen, die seit Jahren in steigendem Ausmaß anerkannt werden, ist diese geschilderte, mit geänderten Sedimentationsbedingungen in Zusammenhang stehende, systematische Änderung der Vererzung im Zug der Drau-Kalkalpen eine Folge der triadischen Platznahme der Metallsulfide, und nur so zu erklären.

Gleichzeitig scheint die geschilderte, gerichtete, Verschiebung der Metallkomponenten Blei und Zink von Ost gegen West im Zusammenhang mit der stratigraphischen Spanne, die die Vererzung umfaßt, ein Beweis dafür zu sein, daß die Vererzung kein kurzfristiger Akt, sondern ein verhältnismäßig lange dauernder Vorgang war. schätzungsweise, es liegen 1100 m Sediment zwischen der tiefsten bekannten Vererzung im Osten und dem stratigraphisch höchsten Pb/Zn-Vorkommen im Westen des Gebietes, waren zur Ablagerung dieses Gesteinspaketes mindestens ein Dis zwei Millionen Jahre notwendig. Es ist denkbar, daß die Stoffzufuhr bzw. wahrscheinlich mehrere Metallnachschübe in einem solchen Zeitabschnitt erfolgt sind.

Die Vorgänge, die zur Bildung der Vererzung geführt haben, haben im Osten früher eingesetzt als im Westen, sind aber auch früher abgeklungen. Daß solche zeitliche Verschiebungen von Ost nach West vorkommen, sieht man an den eigenartigen monomiktel1, sedimentären Breccien oberhalb des dritten Cardita-Tonschiefers. Diese liegen im Osten 10-50 Meter über dessen Oberkante. Westlich des Gailbergsattels berichtet SCHLAGER von Breccien im mittleren massigen Hauptdolomit, die einige Hundert Meter über dem Karn liegen und große Bedeutung erlangen.

Der Einwand, daß die Vererzung als "gleichzeitiger" Akt aufzufassen sei, ist mit dem Verhalten der Sedimente zu widerlegen. Wenn nämlich die Vererzung die Nullinie (Abbildung 2) wäre, müßte die Mächtigkeit des Ladin von Ost nach West um 500 Meter abnehmen. Wenn man den anisischen Kalk, sowohl im Hinblick auf die darin festgestellte, synsedimentäre Vererzung, als auch im Hinblick auf stratigraphische Stellung, auf die ganze Länge des Gebietes anerkennt, müßte der ladinische Kalk zwischen den beiden Vererzungen gegen Westen wesentlich an Mächtigkeit verlieren. Die Abnahme der Mächtigkeit der ladinischen Sedimente müßte 500 Meter betragen, nämlich die Entfernung, die gleich dem Abstand der westlichen Vererzung über dem 1. Carditaschiefer ist. Diese Abnahme der Mächtigkeit des ladinischen Schirotpaketes ist aber nicht gegeben. In der Abbildung ist diese stratigraphische Schräglage angedeutet, sie würde zwei Grad betragen, steht aber im Widerspruch zu den tatsächlichen Beobachtungen.

Die Vererzungen in den nördlichen Kalkalpen zeigen überwiegend den Typus der Vorkommen in den Karawanken, nirgendwo ist eine Blei-Zinkmineralisation in oder über den Carditaschichten bekannt geworden. Die Vorkommen sind zum Teil an Klüfte gebunden, zeigen aber z. T. auch eine einwandfreie, Einregelung nach den Schichtflächen. Auch hier nimmt der Zinkgehalt nach Westen zu, denn nur in den Lagerstätten Lafatsch-Vomp sind größere Zinkvererzungen aufgefunden worden. Wulfenite sind in den Draukalkalpen nur in den Karawanken bekannt und kommen auch in den Vererzungen der Nordalpen vor. Die faziellen Voraussetzungen für dieses Verhalten sind noch zu untersuchen. Ein Vergleich der Drau-Kalkalpen-Vererzung mit den Pb/Zn-Vorkommen in den nördlichen Kalkalpen und in den Südalpen wird noch durchgeführt werden.

Die Vererzungen zeigen eine fazielle Abhängigkeit, nicht nur im Ladin, sondern auch im Karn. In dieser Stufe beginnen die Vererzungen dort, wo die helle, wettersteinkalkähnliche Ausbildung des ersten Zwischendolomites in eine dunkle, dolomitische Entwicklung umschlägt;. dies ist im Bereich von Windisch-Bleiberg der Fall.

b) theoretisch:

Eine Gliederung der Vererzung in drei Typen ist demnach möglich:

1. ein Karawankentypus (Mezica)

2. ein Jaukentypus (Jauken, Mitterberg)

3. ein Übergangstypus (Bleiberg, Windisch-Bleiberg).

c) Praktische Folgerungen:

Es wäre auf Grund der Eigenarten der verschiedenen Erztypen falsch, östlich von Windisch-Bleiberg größere Aufklärungsarbeiten in den Hangendschichten des Wettersteinkalkes durchzuführen. Umgekehrt erscheinen im westlichen Bereim Prospektionstätigkeiten im Wettersteinniveau umso aussichtsloser, je mehr man von Bleiberg nach Westen geht.

Der Unterschied in der Bedeutung von Schichtflächen und bestimmten Kluftrichtungen für die Erzführung in den Karawanken und westlich von Bleiberg ist eine bergmännisch bereits bekannte Tatsame. Es ist unbestritten, daß die Carditaschichten eine wesentliche Bedeutung für die Vererzung haben und das die karnische Schichtfolge auf Grund ihrer lithologischen Differenzierung am besten geeignet wäre, durch ein monographisches Studium Hinweise auf die Sedimentationsbedingungen und andere Einzelheiten zu erhalten, die für eine paläographische Rekonstruktion des Raumes richtig wären und wahrscheinlich auch für die Praxis verwertbare Erkenntnisse bringen würden. Die gemeinsame, seit drei Jahren mit Unterbrechungen laufende Arbeit mit O. SCHULZ, die eine tektonische Analyse von Bleiberg zum Ziele hat und das mit W. SIEGL zusammen studierte Problem der Tuffvorkommen in diesem Bereich werden vielleicht weitere Klarheit bringen.

Dieser Beitrag schneidet kaum genetische Fragen an, sondern, setzt vielmehr eine diesbezügliche klare Konzeption voraus. Durch diese regionale Zusammenfassung ist vielleicht der Fortschritt in den Erkennmissen seit der Tagung in Bleiberg; im Jahre 1958 verdeutlicht. Einiges ist sicher noch lückenhaft, aber diese offenen Fragen werden noch bearbeitet werden, um die Erkenntnisse zu erweitern und der bergbaulichen Praxis zu dienen.

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