Angel F. & R. Staber / 1954                                                                                   Textauszug

  Pegmatite und Pegmatoide im Hochalm -Ankogel-Gebiet

Von F. Angel und R. Staber, Graz.
(Mit 4 Abbildungen).
Einbegleitung:
Pegmatite (HAUY) sind an Granit und Gneis gebundene grob- bis großkörnige Quarz -Feldspat -Massen, in welchen diese Kornsorten schriftgranitisch verwachsen sind. Nach DELESSE und NAUMANN werden auch ungewöhnlich grobkörnige Granite so bezeichnet, eine Erweiterung des Begriffsinhaltes, die bei OSANN-ROSENBUSCH abgelehnt wird (9. S.303).
Nach den eben genannten Forschern sind „pegmatitische Massen" mit "oft" schriftgranitischer Struktur (9, S.129) grobkörnige Quarz-Feldspatmassen, die in granitischen Körpern virtuelle (ANGEL) Hohlräume von Blasengestalt völlig erfüllen können; wenn sie das nicht tun, so bleiben Kristallkeller übrig, in welche die Köpfe der Kristalle dieser Massen frei entwickelt hineinragen. Diese Massen sind nicht trennbar von den pegmatitischen Gängen, in die sie übergehen. Pegmatit bildet auch nicht selten Salbandmassen an Aplitgängen (9, S.294). Indes gehören Pegmatite i.e.S.(! ) als Ganggefolge zu Alkalikalkgraniten und -Syeniten, obgleich jede „Gruppe“ von Tiefengesteinen ihre Pegmatite haben soll.
NIGGLI (8, S.513) definiert die Pegmatite als echte Rückstandslösungen, magmatische Lösungen reich an leichtflüchtigen Stoffen (S. 514). Sie begleiten granitische, alkalisyenische Gesteine „fast“ ständig.. Ihre Hauptkornsorten sind die gleichen wie jene der Aplite oder leukokraten Syenite. Die Einteilung erfolgt bei P. NIGGLI, wie allgemein üblich, nach über- und, Nebengemengteilen, „charakteristische Mineralien“ genannt. So beginnt die Liste der Arten sogleich mit Glimmerpegmatit. Der reine Quarz-Feldspatpegmatit ist weder als Haupttypus geführt, noch auch klassifiziert, und doch gäbe es auch da Klassifikationsbedarf.
Nach TÖGER (12, S.4.) kann für Pegmatite (HAUY) die DELESSEsche Umdefinition gelten: Restdifferentiate .vorwiegend grainitischer Zusammensetzung, grobkörnig aber nicht unbedingt graphisch struiert! Vielmehr sollen die graphisch struierten Typen unter dem Namen Runit ( PINKERTON) abgetrennt werden.
Pegmatoid (SHAND), bei TRÖGER Nr.951 für Feldspatoidpegmatit (z.B. Nephelinsyenitpegmatit) ist nicht durchgedrungen.-Pegmatoid (EVANS) für nicht graphisch gefügte Pegmatite hat sich auch nicht eingebürgert. Somit ist gegenwärtig die Bezeichnung Pegtnatoid neu verwendbar.
Wir stellen uns dazu wie folgt:
Pegmatitische Gesteine sind grobkörnig kristallisierte Restlösungs.-Niederschläge aus granito,-dioritischer oder syenitischer Gefolgschaft; das „“grobkörnig“ braucht sich nicht auf alle Kornsorten eines Pegmatites zugleich beziehen, aber eine oder mehrere Hauptkornsorten müssen grob kristallisiert auftreten. Es kommt übrigens vor, daß sich für eine oder mehr Hauptkornsorten nachweisen läßt, daß sie zunächst als Gröblinge wuchsen, dann aber zertrümmert wurden und verheilten. Ihr Körnersand zeigt dann noch oft Aufbau aus über individuen. Unter den Hauptkornsorten können Feldspate gut idiomorph gewachsen sein. Aber die beste Eigengestaltung erfahren, mit Glimmern beginnend, die „charakteristischen" Pegmatitmineralien, Für die geologische Gestaltung der Pegmatite ist typisch die Erfüllung von Gangspalten, Gangnetzen und Blasenräumen. Ihrer Vergesellschaftung nach sind sie oft räumlich engstens verbunden mit Aplitgängen (in gleicher Spalte) und Quarzgängen (ebenfalls in gleicher Spalte); oder sie treten selbständig, vereinzelt, in Gang- und Blasenschwärmen aufs Ihr Wirtsgestein können jene Intrusivmassen sein, von deren Muttermagma sie sich ableiten, oder eine Schieferhülle dieser Massen, oder beides miteinander. Es kann auch vorkommen, daß das ganze Magma einer bestimmten Region sich mit den Pegmatiten erschöpft; sie behalten dessen ungeachtet ihren Restlösungscharakter in petrochemischer Hinsicht, wären aber in systematischer Hinsicht doch gesondert zu behandeln.
Als Hauptkornsorten müssen stets auftreten Quarz, Kalifeldspat, saurer Plagioklas. Das kann zu dritt, zu zweit oder einzeln geschehen. Hinzutretende Neben- und Überkornsorten bedingen eine Arteneinteilung.
Pegmatite mit schriftgranitischer Verwachsung von Feldspäten mit Quarz sprechen wir als Runite an. Nicht schriftgranitische und gangförmig auftretende nennen wir Gangpegmatite oder schlechtweg Pegmatite.-
Pegmatitische Massen in embryonaler Entwicklung, Blasenschwärme oder lokal sehr begrenzt entwickelte andersförmige, auch Spaltenschwärme füllend, die sich im Stamm –Intrusiv entwickeln, nennen wir Pegmatoide.
Das Stammintrusiv ist nicht mehr das .Muttermagma, sondern Stammintrusiv + pegmatitische Massen + abgewanderte Dämpfe oder Lösungen zusammen, das wäre das Muttermagma. Die Pegmatoide sind die Wiegen der Pegmatite.
 Nachrichten über pegmatitische Massen im Bereich der Tauernkristallisation.
Ostalpenbereich kennen wir metamorphe Einheiten, die in ihren Schieferstössen mehr oder minder ausgedehnte Intrusivkörper als Kerne beherbergen daneben, in der Schieferhülle, Schwärme von Pegmatiten beachtlichen Ausmaßes enthalten. Man kann diese Pegmatite auf das Kernintrusiv beziehen (Typus Gleinaöpe, Mittelsteier.)
Es gibt auch solche metamorphe Einheiten, die zwar wiederum Schwärme von Pegmatiten enthalten. die sich in den Schieferstößen verteilen, aber es fehlt ein Intrusivkörper (Typus Koralpe Mittelsteier- und Weststeiermark). Hier liegt also der Fall vor, dass sich das Magma in der Produktion der Pegmatite erschöpft hat. - Und es gibt endlich solche Einheiten, bei welchen die pegmatitischen Massen im Intrusiv verbleiben ( Typus Hochalm-Ankogel).
Dieses Gebiet gehört in die Tauernkristallisation, deren Wirkungsfeld sich ohne Unterbrechung vom Brenner bis zum Katschberg erstreckt. Sichtet man das Lesegut, so erfährt man über Pegmatite aus diesem ganzen Gebiet blutwenig. In der Tat war ich (ANGEL) bei meinen jahrelangen Begehungen in allen dazu gehörigen Gebirgsgruppen selbst erstaunt, so wenig von pegmatitischen Gesteinen zu sehen, obgleich es nicht an ausgedehnten granitischen Massen mangelt.
Aus dem Zillertaler Kern und dem Gebiet der Greiner Zunge beschreibt CHRISTA (5, S.595), leider ohne Fundortsangaben, Vorkommen von Pegmatit als Salbandbildungen an Aplitgängen, aber auch selbständig auftretend ganz allgemein. Es scheint weder der Masse nach, noch auch verbreitungsmässig sehr viel zu sein; es müßte sonst mehr auffallen und mehr zur Beobachtung reizen. - Ein Vorkommen aus dem Mörchnerkar, das einzige mit Fundort genannte, ist abseitig und untypisch. Typisch ist jedoch folgende Schilderung des Kornsortenbestandes aus granitpegmatitischen Beständen: Quarz, scharfgitteriger Mikroklin, perthitisch; saurer Plagioklas ohne Fülle(!), gelegentlich grobe Muskowittafeln, Biotit-Rosetten, stecknadelkopfgrosse, hellrote, (110)-Granaten in Schwärmen, Titaneisen, gelegentlich auch Zoisit (in Muskowit eingewachsen). Auffällig erscheint CHRISTA der Mangel an Turmalin in solchen Gebilden.
Aus der Reichenspitzgruppe ist über pegmatitischer Jassen im Lesegut nichts enthalten.
Aus dem Venediger-Gebiet führt LÖWL (7, S.22) Aplit- und Pegmatitgeäder in Migmatit von der Felsenkapelle im Gschlöss an.
Vom Granatspitzkern berichtet CORNELIUS (6, S. 26) bloss die Auffindung von Turmalin-Quarz-Adern, z.B. vom Grünsee.-Rudolfhüttenweg, vom Tauernmoos zur Rudolfshütte. Es sind dies wohl Bildungen pegmatitischen Charatkters, aber doch keine Pegmatite. Ein Abit-Pegmatit" (CORNELIUS), aus dem Amphibolit, nördlich vom Enzingerboden, ist nach. CORNELIUS eigener Darstellung :nichts pegmatitisches in unserem Sinn. Grobkörnige Albit,-Quarzmassen in Form von gangähnlichen Adergeflechten kennen wir auch aus den Amphiboliten der niederen Tauern, z .B. Blaufeldscharte, Wölzer Tauern. Sie sind Bildungen des eigenen Haushaltes der Amphibolite während der Metamorphose, Geschöpfe der metamorphen Differentiation, würden von HOLMQUIST wohl als Venite angesprochen werden und sind nach SCHEUANN (11, S. 409 )zu den Phlebiten zu stellen (grobe Albit-Quarzphlebite, hornblendeführend). -In den Riffel-Decken des Großglocknergebietes stecken Bildungen, die CORNELIUS (6, S. 66) z.B. vom Hocheiser als Lagergänge von pegmatitischem Gneis mit Muskowitflatschen und Muskowittafeln von 1 cm Øbeschreibt diese Glimmer sind diejenigen Elemente, auf welche sich der pegmatitische Charakter gründet. Der übrigen Beschreibung nach läge eher ein aplitisches-Gestein vor. CORNELIUS betrachtet es als umgewandelten Pegmatit. Jedenfalls liegt nicht das vor, War wir aus Hochalm-Ankogel beschreiben wollen. Eher finden wir eine Beziehung zu den pegmatitischen Adern im Hochweissenfeldgranit und in dessen unmittelbarem Bereich. Die Kornsorten sind Quarz, Albit mit Fülle, Mikroklin, Muskowit, Epidot, Magnetit. Eine Schieferung wird durch Schüppchenflasern von Muskowit angedeutet. Diesem Mineralbestand begegnen wir wieder im Hochalm-Ankogel. Ferner wird ein pegmatitisches Nest in einem Aplitgang am Hochweissenfeldgranit erwähnt (6, S. 57). - Im Schieferhüllenbereich ist auch hier wieder keine Andeutung von Pegmatit zu sehen gewesen. Als pegmatitisch wird aber betrachtet eine Ansammlung größerer Muskowite an den Rändern einer 1 dm starken Lage aplitisch-gneisigen Gesteins im Westhang der Säulspitze. Ganz sporadisch sind auch die Funde von Turmalin in Gesteinen, die CORNELIUS als pegmatitisch bezeichnet. z.B. im oben erwähnten Pegmatitgneis und am Schwarzen Balken; anstehend beobachtet wurde auch eine fingerdicke Ader am Schattseitköpfl (Riffeltor) mit folgender Paragenese: Quarz, Albit, Muskowit, Turmalin, Granat, Klinozoisit-Mikrolithen, etwas Pyrit, Magnetit, Zirkon. - Das hat alles nur beschränkte Ähnlichkeit mit den von uns in Hochalm-Ankogel beobachteten pegmatitischen Massen.- Hingegen sehen wir eine interessante Beziehung zwischen dem Kristallgranit (CORNELIUS) des Schwarzköpflkees mit seinen 3 cm langen Kalifeldspaten und bis zu 1 cm großen Albiten und unseren Grobgraniten.
Aus dem Gebiet des Rauriser Sonnblick ist über ähnliche Bildungen noch nichts veröffentlicht.
Für das Hochalm-Ankogelgebiet gab es bisher nur einen kurzen Hinweis BECKEs (4, S. 6)."Sehr verbreitet sind Aplit und Pegmatit“. Ortsangaben und dgl. hierüber fehlen jedoch.
Zwischen Brenner und Katschberg gibt es also-sporadisch und nur in geringem Volumen pegmatitische Gesteine. Viel verbreitetel sind Aplite. Die pegmatitischen Massen bleiben meist in den zentralgranitischen Kernen stecken, nur wenig davon geht hinaus in die hangenden Schiefer, in ganz bestimmter Lokalisation, und nicht in der sogenannten oberen Schieferhülle.
Bisher hat sich niemand darüber Gedanken gemacht, womit es zusammenhängen kann, daß so wenig Pegmatitmaterial da ist, welcher Natur die strenge Lokalisation ist, welche Bedeutung ihr Mineralbestand hat und welche Beziehungen zur Hauptkristallisation bestehen.

Pegmatite und Pegmatoide im Hochalm -Ankogel Gebiet.
Wir stellen zunächst nach Beobachtungen geschätzt die volumsmäßigen Anteile granitischer Gesteine des genannten Gebietes am gesamten dort entfalteten Granitstamm zusammen und trennen sie in solche mit Mikroklin-Häufungen in Gestalt von Großkristallen und Großsprossen.
Man erhält folgendes Bild:
Mit Häufungen:
Pegmatoide und Pegmatite 0,6 %
Grobgranite                         3,3%
Porphyrgranite                  16,7%
Augengneisgruppe            12,4%
Syenite                                5,6%
Summe                                8,6 %
Ohne Häufungen:
Aplite                                  2,7 %
Aplitgranite                        31,9%
Normalgranite                    15,9%
Tonalite                             10,9%
Summe                              61;4 %
Mehr als 1/3 der granitischen Kerngesteine sind also mit Kalifeldspat in auffallender Form bewachsen oder besprosst.
Nun seien die uns bekannt gewordenen und bearbeiteten Vorkommen sowie deren geologische Lage aufgezeigt:

Nr. Geologische Form:                    Fundort:                   Bemerkung:
1. Schwärme faust-bis              westl.Trippkees, Rand    In Porphyr-
    kopfgrosser Blasen.              b. 2600 m, unter der     granit.
                                               Winkelspitze. I
2. Dasselbe.                              Wabnikspitze NW-         Porphyrgranit
                                                Wand.
3. Dasselbe.                              Dössener Spitze,             In Porphyr-bis
                                                SW-Grat.                       Augengranit.
4. Dasselbe und                         Sonntagsalm, 1670 m,    In Normalgranit
    Schlieren.                              im Maltatal.
5. Blasenraum mit                     x )Sonnblick, Westrand   In nebulitischem
   1 m Ø                                    im Lanischkar.               Aplitgranit..
6. Unregelmäßige, z.                  Tullnockrippe,                Im migatischen
    T. spaltenförmige                   Kohlmaier A.-                Aplitgranit.
    Hohlräume.                           Zwillingsfälle.
7. Unregelmässige, ge-              Hint. Brunnkar-              In feinkörnigem
    formter Blasenraum.              Kopf.                             Normalgranit.
8. Kurze,-breite Gang-                Preimelspitz-SW-           In Tonalit.
    spalte.                                  Grat
9. Kurze Gangspalte,                  Langkarwinkel               der mit Amphi-
    lagerig,                                 unter dem See.              bolit ausgestatteten
                                                                                    Migmatitzone.
10. Unregelmässige                  Wände d. Hint.                In aplitgranitisch
      kurz -gangförmige              Schober zum Rotgül-       durchtränkter Mig-
      Hohlräume.                        den-See, in 2000 m H.    matitzone.
11. Kurze, netzig grup-             Steinkarscharte,              In Normalgranit.
      pierte Gangspalten.             S.Samersee.              
x)-kleiner Malteiner Sonnblick
12. An-u. abschwellen              Villacherhütte,                 Im Tonalit. Sehr schön
      des Hohlraumsystem          Hochalmweg.                  und mannigfaltig.
13. Schwarm dünner                Tauerntunnel,                  In Normalgranit.
      Gänge.                              0,9-km v. Nordportal.
14. Gangschwarm kurzer,         Grubenkarkeesrand,         Mit großen Muskowiten.
      kräftiger Gänge.                 Westteil, 2370 m.            In Aplitgranit und
                                                                                   Grobgranitnähe.
15. Kurze kräftige                     Ochsensteig am              In Grobgranit.
      Ganggruppe.                      Rauchzagelkopf,
                                               Kötschachtal.
16. Unregelmässige                   Talstufe unter                 In Porphyrgranit.
      Gangspalte, ver-                  d.A. v. Schmidthaus 
      zweigt.                               Dössener Tal.
17. Längere, an- und                „Granitbruch“ bei            In geaugten Flaser-
      abschwellende                     Zirmhof im Mal-             migmatiten.
      Gänge als Netz.                  tatal.

Die Vorkommen liegen teils im Ankogelstockwerk, also sehr tief unten, wie Nr. 5,6, 10.17 u.a., teils im Hochalmstockwerk, wie Nr. 1,3,7,8, 12, 16, demnach hoch oben. In die Schieferhülle geht bisher keine Pegmatit-Beobachtung, in Migmatite gehen einige Fälle, mit dem Zwischenstockwerk sind wiederum einige wenige in naher Verbindung (Langkarwinkel, Steinkarscharte).
Die Formen verraten einen eigentümlichen Entwicklungsgang! Die Konzentration pegmatitischer Massen beginnt mit d er Bildung von Blasenschwärmen, deren vielleicht fzuider, jedenfalls aber sehr beweglicher, kaum Viskos zu nennender Inhalt in den Granitmassen aufperlt und aufsteigt; dann fließen solche Blasenschwärme zu wenigen oder auch einer großen Blase zusammen; können die Blasen deformiert und mit der Magmabewegung fortgetragen werden, wobei sich neuerdings die Tendenz zum Aufsteigen bemerkbar macht, der Blaseninhalt quält sich in die Höhe und verändert dabei seine Gestalt wie eine Amöbe, die durch einen kapillaren Kanal durchkriecht und sich jenseits wieder breit machen kann; dann kommt es zu weiterer .Ortsveränderung, indem Blaseninhalte sich in kurze, dicke Spaltenräumergießen, und endlich kann Blaseninhalt auch in Gangnetze sehr hoch nach - oben gelangen. Alle diese Phasen sind kristallin fixiert worden. Wir können sie nebeneinander beobachten. Zum letzten Durchreißen bis in die Schieferhülle kommts nicht.

Die Gänge beim Zirmhof.
Dieser Ort ist bisher der einzige in Hochalm-Ankogel, der sowohl entwickelte, wirkliche Gang -Pegmatite zeigt.
In Abb. 1. -Steinbruch bei Zirmhof hat man dicke Bänke eines Flasermignatits zu denken, von welchen ein Blockausschnitt vorgeführt wird. Der Migmatit hat einen kalimetasomatisch überarbeiteten, amphibolitischen Altbestand (Paläsom SCHEUMANN), der überwiegend zu dünnen, zeilenhaften und auch kleinflächigen Kornflasern zerteilt ist; in dem nach der Natur gezeichnetem Bild ist wahrzunehmen, daß einige Amphibolitlagen noch als dunkle Lagen kenntlich, längs einer Spalte verworfen werden; die sich mit grobkörnigem Pegmatit gefüllt hat.
Abb. 2 bezieht sich auf eine Stelle im oberen Steinbruch dieser Örtlichkeit. Hier durchreißt ein Pegmatitgang mit unebenen, buckeligen Flächen steil zur Schieferung des Wirtsgesteins orientiert, einen bandstreifigen, migmatischen Augengneis. Das Paläsom ist bis zur Unkenntlichkeit verdaut, die dunklere, reliktische Bänderung läßt auch hier vermuten, daß Amphibolite resorbiert wurden. Das Metatekt (SCHEUMANN) ist aplitgranitisch. Doch ist mit diesem Migmatit dann noch etwas anderes geschehen: Er wurde metablastisch (SCHEUMANN ) übersproßt durch Mikrokolin-Augen, die ganz , beachtliche Größen erreichen, mehrere cm Länge und Dicke sind die Norm, faustgroße und größere Gröblinge aber sind nicht selten. (10, S. 302 u. 11, S. 406). Der Gang entsendet eine Apophyse; man erkennt, daß die Metablastese vom Pegmatit den Ausgang nimmt. In seiner Umgebung liegen die Augen besonders dicht und an den Salbändern beobachtet man, wie sich die Mikrokline aus dem Gang herausstehlen in die Schiefer. Das ist bildlich gesprochen. Tatsächlich ist es wohl so, daß die von den Gängen mitgebrachten Massen sich mit dem amphibolitisch-aplitmigmatischen Gewebe umsetzen und dabei der Mikroklin heranwächst. Der Pegmatit gibt also Stoff zum Aufbau der Mikrokline nach außen und muss damit notwendig selbst an Mikroklin verarmen, d.h~ gegebenenfalls albitreicher und quarzreicher, oder bloß quarzreicher werden. Darauf kommen wir noch zurück. Trotz der Abgabe von Lösungen nach außen bleibt noch immer genug Stoff über; um im Gang selber Feldspate wachsen zu lassen.
Abb. 3, aus den Rundhöckern über dem Steinbruch, gegen den Gössgrabenausgang hin, zeigt abermals dasselbe Wirtsgestein, sehr dichte Mikroklin-Metablastese, die wieder von einem Pegmatitgang ausgeht. Der Gang ist nochmals aufgerissen und hat nun nur mehr Quarzfüllung! Das wäre der Fall, daß sich in der pegmatitischen Restlösung der Mikroklin erschöpft hat, Albit war hier nicht derartig viel da, er steckt im Pegmatit drinnen, Quarz-erübrigte und kam dann als Nachschub! Der Quarzgang zeigt wieder Apophysen. Auch hier wachsen die Gröblinge im Metatexit (SCHEUMANN) zu besonderer Größe. Hinter ihnen bleiben sogar die auch schon sehr großen, idiomorphen Kalifeldspate des Pegmatits zurück. Der Quarz im Pegmatit ist glasig-rauchgrau. Ebenso verhält er sich im Quarzgang.
Die Mikrokline der Pegmatie und Pegmatoide sind fast immer rötlich oder rotgrau, die Albite derselben porzellanartig weiß. Von anderen Kornsorten sind in diesem Vorkommen nur noch zu bemerken etwas Prochlorit und Pyrit; es fehlt Muskowit und auch anderer Glimmer etz -Die Augenfeldspate der Umgebung sind meist nicht mehr rötlich, sondern rein grau. Die Kornverhältnisse sind im Bild 3 festgehalten. Das Ganggewebe ist nicht schriftgranitisch, die Kalifeldspäte sind idiomorph, die Albite dagegen xenomorph, gegenüber Quarz aber auch idiomorph. Die Korngrößenverhältnisse sind auch sehr bezeichnend: Kalifeldspat (Mikroklin) macht Grobkristalle (-Dinokriste, EIGENFELD); der Albit ist schon merklich kleiner, der Quarz ist aber dagegen überhaupt kleinkörnig, mindestens um das Zehnfache kleinkörniger als die beiden Feldspatpartner.
Die Migmatitbänke dieser Örtlichkeit fallen im Steinbruch und bis zum Zirmhof
im Nordteil 45 NO,        Streichen N5OW,
                25-35 NO,                   N3OW,
im Südteil  32 SW,        Streichen N1OW,
                20 SO,                         2OSO.
Also liegt eine lokale Kuppel vor, die von dem Pegmatit-Gangnetz durchörtert wird. Sie taueht ganz im N, bei der Gössgrabenstrasse, saiger nach N unter.
Den Zusammenhang zwischen pegmatoiden Stoffbewegungen und Mikroklinaugen-Metablastese kann man auch an anderen Stellen des Gebietes sehen. In der Porphyrgranitzone auf der Seealm (Dössener Tal) gibt es Stellen, die STABER in einem Photo festgehalten hat, nach welchem das Bild 4 gezeichnet ist.
Die Hell-Dunkelkontraste wurden zur Abbildung dieses an sich hellen Gesteins dadurch erreicht, daß es wasserüberronnen photographiert wurde. Man sieht unter ganz spitzen Winkeln zur Schieferung mehrere randlich unscharf sich abgrenzenden Adern eines pegmatitischen Phlebites das Gewebe durchsetzen, und mit seltener Klarheit ist zu erkennen, wie sich daraus die-Augenfeldspate (Mikrokline) in das Grundgewebe hinein ziehen. Die Adern enthalten auch selbst noch Gesteinsgrundgewebsreste als Paläsom! Dieses wird also an den Aderstellen intensiv durchtränkt und aufgesogen.
Von so grobkörnigen Gesteinen eine mikroskopische Physiographie zu machen, ist nicht leicht. Man muss viel mit freiäugiger Beobachtung machen. Folgende Ausführungen beziehen sich auf eine solche kombinierte Beobachtung am Vorkommen des Pegmatoids der Seestufe des Dössener Tales.
 Ein Teil des Pegmatoids zeigt Grobkorngefüge aus lichtrotem Mikroklin, weißen Albit und rauchgrauen Quarz, der hier auch grobkörnig auftritt und eine schwache Neigung zeigt, mit Albit schriftgranitisch verwachsen. Die Mikrokline werden 5 mal 2 cm, die Albite etwa halb so groß. Idiomorph ist nur der Mikroklin. Im groben Gewebe ein kleines Kluftkreuz, besiedelt mit Mg-Prochlorit. In einem Nachbarteil desselben Pegmatoids verliert sich die rote Mikroklinfarbe, sonst ändert sich zunächst nichts; dann aber geht der Spalteninhalt über in ein Gemenge von sehr großen, idiomorphen, grauen Mikroklinen in einem sandkörnigen, grau-glasig erscheinenden Quarzmosaik, der Albit hat sich verloren.
Im Dünnschliff beobachtet man: Quarz bildet ein Pflastergewebe mit Korngrößen von 0,2-1,5 mm Ø, undulöse Auslöschung ist verbreitet, Einschlüsse hat er nicht, ausgenommen Schwärme winziger Bläschen. Die Mikrokline sind flau gegittert, haben keine perthitischen Ausscheidungen, löschen auch wellig aus und zeigen Risse, die mit Albit und Quarz ausgeheilt sind. Sie erscheinen feinst bestäubt, doch ist diese Trübe unauflösbar. Der Albit (12% An) hat ebenfalls diese staubige Trübe; er zeigt Verzwilligung nach dem Albit- und Periklingesetz in wiederholter feine Lamellierung. Meist umgeben ihn Mörtelkränze von Quarzkorn-Größe. Wo sie fehlen, sieht man den Idiomorphismus gegenüber Quarz. Er ist bezeichnenderweise gefüllt mit Serizitschüppchen und wenig Klinozoisitstengelchen. Mg-Prochlorit tritt als Einschluß in Feldspäten auf. Er zeigt kräftigen Pleochroismus und bezeichnende Interferenzfarben. Titanit und Magnetit treten vereinzelt als Einschlußkörnchen in Feldspat und Chlorit auf.
Im Pegmatoid des Hinteren Brunnkarkopfes gibt es neben obigen Gemengteilen auch etwas gelbgrünen Epidot. In jenem der Wabnigspitze wurde ebenfalls Magnetit nachgewiesen, ferner im Schliff geringe Mengen von kleinschuppigem, aber mechanisch unversehrtem Muskowit und Biotit.
Auffallend ist der Mangel an Turmalin, das ist hier so wie im Zillertal!
Dieselben Gemengteile hat auch der Grobgranit unseres Gebietes, von welchem wir mehrere Funde machten1 in welchen sich jene kleinen Schwärme hellroter, modellscharfer Granaten eingenistet haben, von welchen CHRISTA aus dem Zillertal berichtete. Wahrscheinlich werden sie auch einmal in den Pegmatoiden gefunden werden. Diese Grobgranite entsprechen den Pegmatoiden und Pegmatiten überhaupt so weitgehend, daß man sie im Handstück gelegentlich als Pegmatitstücke ansprechen möchte!

Zur Genesis der Tauern-Pegmatoide und Pegmatite.
Gehen wir von den Pegmatiten aus, so sehen wir, daß die Pegmatoide aus demselben Baumaterial entspringen, aber auch die Grobgranite! Aus unseren Beobachtungen geht hervor, daß auch die Augung von Kerngesteinen, namentlich von Migmatiten, von den Pegmatiten bezw. Pegplatoiden Ausgang nimmt.
All diese Stoffmengen hätten ein schönes Quantum Pegmatite liefern und in die Hülle senden können. Weshalb geschah es nicht?
Da muß man zunächst fragen: Wann gehen denn Pegmatite in die Hülle? Und die Antwort lautet: Pegmatite bleiben lang molekularmobil, d.h. bis in tiefe Temperaturfelder hinein. Kommen sie aus einer heißen Magmamasse, so heizt die auch ihre Schieferhülle bis weit vom Kern weg, und die heiß nach außen abgegebenen pegmatitischen Lösungen finden erst hoch oben in den Hüllen jene Temperaturfelder, bei welchen für sie die Kristallisationsreife eintritt. Diese Situation wird sich i. allg. einstellen, wenn sich Magmenentwicklung und Kristallisation in mittlerer oder unterer Streßzonenstufe abspielen, wir sehen jetzt von anderen Mineralzonen der Tiefe ab, ebenso wie von der Mineralzone der Pyrometamorphose. Gleinalpe ist ein solcher Fall: Hauptkristallisation von Kern und Hülle in zweiter Streßzonenstufe; daher der Kernpegmatit- und pegmatoidrein, alles pegmatitische Material bis hoch hinauf in die obere Hülle gezogen und dort kristallisiert!
Wenn in den Tauern die Pegmatite und Pegmatoide in den Kernen stecken bleiben, so müssen diese verhältnismäßig kühle Intrusionen darstellen, so daß die Pegmatite etz. sich eben schon darin niederschlagen! Und daß es so ist, dafür gibt es Belege. Die Fazies der Tauerngranite ist wirklich oberste Streßzonenstufet d.h. es liegt ein Kristallisatkühler magmatischer Temperaturen vor. Kühl und naß, wie die Pegmatite und Pegmatoide selber. Daher haben ja auch die Pegmatoid-Plagioklase schon jene Fülle, welche saure Tauernfeldspate auch in den Hauptkristallisaten aufzuweisen haben. Daher auch die so häufige Fixation aller möglichen Entwicklungsstufen der Pegmatoide von der Dampfblase bis zum Gang. Damit stimmt weiterhin überein, daß das ganze Tauernmagma wesentlich aplitisch ist, das zeigt auch unsere Statistik auf s. 6 .Was man als verhältnismässig basischeres Differentiat auffassen konnte, nämlich die Tauernsyenite und -Tonalitet hat sich als Metatexit erwiesen. Amphibolitischer Altbestand, migmatisiert durch aplitgranitisohes Magma in Gestalt von Grobgranit bis Pegmatit; auch das Metatekt der Augengneisgruppe ist aplitgranitisch, die Augen sind vom Pegmatit geliefert; in den Porphyrgraniten, die insgesamt einen Magmencharakter haben, der von aplitgranitisch nach yosemititisch überleitet, wie ja auch mancher Grobgranit, sind die Gröblings-Mikrokline wohl auch ein gesproßt, nicht primär ausgeschieden als Einsprenglinge. Die ganz sauren granitisch-aplitischen Magmen haben also hier ein bedeutendes Übergewicht, ja sie herrschen. Das kann aber auch nur sein, wenn die Entwicklungstemperatur dieses Magmas der Tauern relativ nieder ist, etwa im Bereich der obersten Stresszonenstufe. Steht zur Magmenentwicklung nur ein so niedriges Temperaturfeld zur Verfügung, so kann auch seine Differentiationsbreite nur gering sein, und das trifft wieder für die Zentralintrusiva zu!
Dann erschöpft sich die Differentiation in der Lieferung aplitgranitisch-engadinitisch-yosemititischer Massen, an deren Spitze mit niedersten Schöpfungsbereichen die Pegmatoide etz. marschieren. Ihre Blasenschwärme können zusammenfliessen zu einer. Grossvakuole, und die größten derselben wären die Grobgraniträume. Es ist von hier aus nach außen nur mehr ein geringes Tempereturgefälle das ist der Differentiation auch nicht günstig. Außerdem hat die noch magmatische Temperatur keinen langen Weg mehr zur Erstarrungstemperatur, daher die Fixationsmöglichkeiten im Kern! Damit ist auch die strenge Lokalisation der Pegmatoide etz. erklärt.
Diese Art der Magmenentwicklung im Verein mit der eigenartig dünnen Produktion von pegmatitischen Massen ist ein Beispiel für das Ineinandergreifen von Differentiation mit der Mineralzonen- und Fazieslehre. Und dies nach qualitativer, quantitativer und örtlicher Hinsicht.

Lesestoff:
(1) F. Angel -R. Staber: Migmatite der Hochalm-Ankogel-Gruppe (Hohe Tauern). Min.Petr.Mitt.49 (1937), 117/167.
(2) F. Angel -R. Staber: Geologischer Führer durch die Hochalm-Ankogelgruppe. - Mit Kartenbeilage. Wissenschaftl. Alpenvereinshefte, H.13, Innsbruck 1952, 1-112.
(3) F. Angel -A. Weber: Eine Sismondin-Paragenese vom Kl. Malteiner Sonnblick (Kärnten). Manuskript, Oberwölz 1945, S.1/110.
(4) F. Becke -V. Uhlig: Erster Bericht über petrographische und geotektonische Untersuchungen im Hochalmmassiv und in den Radstädter Tauern. - Sitzber.d.Akad.d.Wiss. Wien, Matho-Natw.Kl.CXV, Abt.I.1906t S.1/45.
(5) E. Christa: Das Gebiet des oberen Zemmgrundes in den Zillertaler Alpen.-Teil I. Jahrb.d.Geol.Bundesanstalt, 81, 1931. S. 533/635.
(6) H.P. Cornlius -E. Clar: Geologie des Großglocknergebietes. - Abh.d.Zweigst.Wien-d.Reichsst.f. Bodenforschung.
XXV, H.I. 1939.S.1/305.
(7) F.Löwl: Exkursion quer durch den mittleren Abschnitt der Hohen Tauern.- VIII u. IX. Exkursionen im westlichen und mittleren Abschnitt der Hohen Tauern. Exkursionsführer zum IX. Internat. Geologen-Congress, Wien 1903. S.1/276
(8) P. Niggli: Lehrbuch der Mineralogie. Berlin 1920. S.1/694.
(9) A. Osann -H. Rosenbusch: Elemente der Gesteinslehre, 4.Aufl. Stuttgart 1923. S.1/779.
(10) K.H. Scheumann: Zur Nomenklatur migmatischer und verwandter Gesteine.- Min.Petr.Mitteil. 48. (1937), S. 297/302.
(11) K.H. Scheumann: Metatexis und Metablastesis. - Min., Petr.Mitteil. 48.(1937). S. 402/412.
(12) E. Tröger: SpeziellePetrographie der Eruptivgesteine. Ein Nomeklatur-Kompendium. Deutsche Mineralog. Gesellschaft 1935, Berlin. S.1/360.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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