Müller H., Riedmüller G. & B. Schwaighofer / 1975                                              Textauszug

 

Rasterelektronenoptische Beobachtungen zur Umwandlung des Zementminerals Ettringit

Von H. MÜLLER, G. RIEDMÜLLER, B. SCHWAIGHOFER

(Mit 9 Abbildungen)

Zusammenfassung

Die Ursachen der Verminderung von Betonfestigkeit wurden rasterelektronenoptisch untersucht. Es zeigten sich feinkörnige Neubildungen von Kalzit, die aufgrund ihrer konkretionären Ausbildung zu einem porösen, gering kohärenten Betongefüge führten. Diese auffällige Kalzitisierung konnte mit der Umwandlung des Zementminerals Ettringit in Zusammenhang gebracht werden.

Abstract

Processes causing the reduction of the solidity of concrete have been investigated by scanning electron microscopy. There were found fine-grained neo-formations of calcite. The calcite grains were forming concretions yielding a porous fabric with small coherence. This characteristic calcitization is connected with the alteration of the cement-mineral Ettringite.

1. EINLEITUNG

Betoneinbauten aus einem Stollen im Zentralgneis (Hohe Tauern) zeigten nach mehrjähriger Betriebsdauer eine auffällige Verminderung der Festigkeitseigenschaften. Die Herabsetzung der Betonqualität erfolgte im Zusammenhang mit Lösungsumsätzen durch das Bergwasser. Wasseranalysen ergaben in jenen Bereichen, wo der Beton stärker zerstört war, eine deutliche Erhöhung des Sulfatgehaltes.

Aufgrund von lichtoptischen Untersuchungen der Betonproben konnte festgestellt werden, daß als Zuschlagsstoffe neben Prasinitkomponenten, Amphiboliten und Kalkmarmortrümmern auch Gneise mit stark zersetzten Feldspäten verwendet worden waren. Außerdem fanden sich Komponenten mit durchgehenden Glimmerzügen, in denen es zu einem Zerfall entlang dieser Einschaltungen gekommen war. Es war nahe liegend, die hohe Betonporosität auf die zum Teil ungünstigen Eigenschaften der Zuschlagsstoffe zurückzuführen.

In den porösen Anteilen zeigten schon die lichtmikroskopischen Beobachtungen einen Übergang der Zementmatrix in dichte, optisch isotrope Bereiche, aus denen sich feinkristalline, lichtmikroskopisch kaum auflösbare Kalzitaggregate entwickelten. Mit Hilfe rasterelektronenoptischer Untersuchungen wurde versucht, nähere Hinweise zur Klärung der Umwandlungsvorgänge und der charakteristischen Kalzitbildung zu erhalten. D' ANS und EICK (1954) stellten fest, daß bei der Einwirkung von Kohlendioxid auf Ettringit ein Zerfall des Zementminerals unter Bildung von Kalziumkarbonat stattfinden kann.

2. METHODIK

Bruchflächen der Betonproben*) wurden mit dem Rasterelektronenmikroskop Stereoscan S 4 untersucht**). Mit Hilfe des energiedispersiven Röntgenspektrometers (EDAX) konnte die Mineralidentifizierung bei den elektronenoptischen Aufnahmen sehr wesentlich unterstützt werden.

Vergleichsweise erfolgten weiters Untersuchungen an Proben, welche aus demselben Zement PZ 275 hergestellt wurden. Von dem abgebundenen und ausgehärteten Zement gelangten unbehandelte Bruchstücke, sowie solche, die mit destilliertem Wasser beziehungsweise kohlensäurehaltigem Wasser behandelt worden waren, im Rasterelektronenmikroskop zur Beobachtung.

3. ERGEBNISSE

3.1 Betonproben aus dem Stollen Die Zementmatrix jener Betonproben mit gutem Erhaltungszustand läßt sich im Rasterelektronenmikroskop als Gewirr von kleinen röhrchen- und stäbchenförmigen Mineralen auflösen. Sie sind in dichter Lagerung unregelmäßig, sperrig angeordnet (Abb. 1). Aufgrund der chemischen Zusammensetzung der einzelnen Kristallite (Ca, S, Al) und ihrer morphologischen Ausbildung ist anzunehmen, daß es sich um Minerale der Ettringitgruppe handelt.

Die Umwandlung der feinkristallinen Ettringitgrundmasse beginnt mit einer Auflösung in amorphe Bereiche, aus denen sich Kalzitaggregate entwickeln (Abb. 2). In der Folge bilden die feinkörnigen Kalzitkristalle (Abb.. 3) polsterförmige Konkretionen, die sich in unregelmäßiger Anordnung zu porösen Aggregaten zusammenschließen können (Abb. 4). Die Kalzitisierung führt auf diese Weise zur Ausbildung eines hohlraumreichen, gering kohärenten Gefüges (Abb. 5). In größeren Poren entstehen aus der amorphen Grundmasse gröberkristalline Kalzitrosetten (Abb. 6 ).

3.2 Zementproben

Jene Vergleichsproben, bei denen nach dem Abbindevorgang kein Lösungsumsatz stattgefunden hat, zeigen eine unveränderte Ettringitgrundmasse (Abb. 7). Nach Einwirken von destilliertem Wasser treten erste Anzeichen einer geringen Kalzitneubildung auf (Abb. 8). Noch immer dominiert deutlich der Ettringit. Im Gegensatz dazu sind nach Behandlung mit gleichen Mengen kohlensäurehaltigen Wassers und gleichlanger Einwirkdauer die Oberflächen der Zementbruchstücke fast zur Gänze kalzitisiert (Abb. 9). Ettringit findet sich nur mehr sehr vereinzelt in geringen Resten.

4. SCHLUSSFOLGERUNG

In porösem Beton kommt es durch Lösungsumsätze mit kohlensäurehaltigem Wasser zu einer Umwandlung des Zementminerals Ettringit und zur Neubildung von Kalzit. Bei der Kalzitisierung können dabei konkretionäre Wuchsformen entstehen, die ein gering kohärentes Gefüge ergeben und damit die Betonqualität zusätzlich verschlechtern. Es ist anzunehmen, daß bei der Umwandlung von Ettringit neben Kalzium auch Schwefel freigesetzt wird. Dies führt zu einer Erhöhung des Sulfatgehaltes und somit zu einer verstärkten Betonaggressivität der wässrigen Lösung.

LITERATUR

D'ANS, J., & EICK, H. (1953): Das System CaO-Al2O3-CaSO4-H2O bei 20 ° C. Zement-Kalk-Gips, Jg. 6, H. 9:302-311.

 -(1954): Untersuchungen über das Abbinden hydraulischer Hochofenschlacken. -Zement-Kalk-Gips, Jg. 7, H. 12:449-459.

TAYLOR, H. F. W. (1964): The chemistry of cements. -Vol. 1,460 S. Academic Press, London und New York.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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